„Chaotische Zustände am Flughafen“: Erste Bundeswehrmaschine holt nur sieben Menschen aus Kabul
Die deutsche Evakuierungsmission aus Afghanistan läuft. Ein erstes Flugzeug verlässt Kabul mit wenigen Menschen. Grund sei die unsichere Lage, heißt es.
Die erste Maschine der Bundeswehr zur Evakuierung aus Kabul hat am Montag nur sieben Menschen aus der afghanischen Hauptstadt ausgeflogen. Begründet wurde dies mit der unsicheren Lage am Flughafen. „Aufgrund der chaotischen Umstände am Flughafen und regelmäßiger Schusswechsel am Zugangspunkt war gestern Nacht nicht gewährleistet, dass weitere deutsche Staatsangehörige und andere zu evakuierende Personen ohne Schutz der Bundeswehr überhaupt Zugang zum Flughafen erhalten würden“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Dienstag.
Der Airbus A400M ist offiziell für 114 Passagiere ausgelegt. Es heißt aber, dass während der Evakuierungsaktion bis zu 150 Menschen mit ihm transportiert werden könnten.
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Ein Zugang von Personen, die sich am zivilen Teil des Flughafens aufgehalten hätten, sei „von den Partnern, die die Sicherheitsverantwortung am Flughafen ausüben, nicht ermöglicht“ worden, erklärte der Sprecher weiter. Das Flugzeug habe den Flughafen außerdem nach kurzer Zeit wieder verlassen müssen. „Aufgrund der gerade abends und nachts äußerst gefährlichen Lage auf den Zufahrtswegen zum Flughafen wäre es ein untragbares Risiko für Leib und Leben der Menschen vor Ort gewesen, die zu Evakuierenden vor Erteilung der Landeerlaubnis und vor Sicherung des Zugangs durch Bundeswehrkräfte aufzurufen, sich zum Flughafen zu begeben.“
Die Bundeswehr hatte erst mit dieser ersten Maschine die Fallschirmjäger der für Evakuierungsaktionen speziell ausgebildeten Division Schnelle Kräfte nach Kabul bringen können. „Mit Unterstützung der jetzt in Kabul eingetroffenen Kräfte der Bundeswehr arbeiten wir unter Hochdruck daran, dies im Laufe der nächsten Stunden für erste Evakuierungsgruppen zu ermöglichen“, erklärte der Sprecher.
Kramp-Karrenbauer spricht von „halsbrecherischer Landung“
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sagte am Morgen in der ARD, dass der Flug unter äußerst schwierigen Bedingungen erfolgt sei. „Wir haben eine sehr unübersichtliche, gefährliche, komplexe Situation am Flughafen, vor allen Dingen durch die Menschenmengen“, sagte die CDU-Politikerin.
„Wir haben es gestern geschafft, in einer wirklich halsbrecherischen Landung unsere Maschine zu Boden zu bringen. Wir haben vor allen Dingen Soldaten dorthin gebracht, die jetzt absichern, damit die Leute, die wir rausfliegen wollen, auch überhaupt die Möglichkeit haben, zum Flugzeug zu kommen. Das war gestern der Hauptauftrag“, so die Ministerin.
„Wir hatten nur ganz wenig Zeit und deswegen haben wir nur die mitgenommen, die jetzt wirklich auch vor Ort waren, und die konnten gestern wegen der chaotischen Situation noch nicht in einer größeren Zahl am Flughafen sein“, sagte Kramp-Karrenbauer. Auf die zuerst nur in einem Medienbericht genannte Zahl von sieben Personen von der offiziellen Ausflugsliste an Bord der Maschine ging sie nicht explizit ein.
Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Johann Wadephul, sagte dann im Deutschlandfunk zu der Zahl: „Das stimmt. Es sind nur sieben. Wir hatten nur einen ganz kurzen Slot von 30 Minuten für die Maschine, und wir konnten nur die mitnehmen, die jetzt da waren“, sagte der Außenpolitiker. „Es wäre auch unverantwortlich gewesen, weil gar nicht sicher war, dass die Maschine landen konnte, mehr dort jetzt schon zum Flughafen zu bringen.“ Der wesentliche Zweck der ersten Landung sei es gewesen, „robuste Kräfte an Land zu bringen, zum Flughafen“, um ein Lagebild zu bekommen.
Die USA haben nach einem Bericht von „Defense One“ dagegen 640 Menschen mit einem Flugzeug aus Kabul in Sicherheit gebracht. Die Menschen haben sich demnach verzweifelt durch die halboffene Rampe in das Flugzeug gedrängt. Die Crew entschloss sich dennoch zum Start und brachte die Menschen nach Katar.
Ministerin nennt zwei Szenarien zur Evakuierung
Kramp-Karrenbauer sagte zur weiteren Planung: „Wir haben jetzt alles über Nacht für die Evakuierung vorbereitet.“ Sie fügte an: „Die zweite Maschine wartet gerade auf die Freigabe der Amerikaner, dass sie nach Kabul aufbrechen kann, damit wir mit den Evakuierungen beginnen können.“
Nach Angaben Kramp-Karrenbauers gibt es zwei Szenarien. Nach dem ersten könne der Flughafen nur für einen kurzen Zeitraum offengehalten werden. „Dafür haben wir auch sehr robuste Kräfte jetzt vor Ort und verstärken weiter.“ Das zweite Szenario sei der Aufbau einer richtigen Luftbrücke. Dafür seien am Ende bis zu 600 Soldatinnen und Soldaten vorgesehen.
Die Ministerin kündigte zugleich eine Aufarbeitung der jüngsten Ereignisse an. „Es gibt vieles, was wir auch innerhalb der Nato aufarbeiten müssen. Es wird dann aber auch die Fragen an uns geben, inwieweit wir bereit sind, die Konsequenzen dann auch zu tragen, und inwieweit wir bereit sind, auch Maßnahmen zu ergreifen, die wir bisher den Amerikanern überlassen haben.“