Iran: Erinnerung an eine Revolution
Nach 30 Jahren islamischer Republik wünschen sich die Iraner vor allem wirtschaftliche Reformen.
Berlin - Als Ayatollah Ruhollah Khomeini am 1. Februar 1979 um 9.33 Uhr mit einem Air-France-Flug aus dem Exil nach Teheran zurückkehrte, wurde er von sechs Millionen Anhängern am Flughafen erwartet. Die Begeisterung war riesig, die Heilserwartungen hoch. 30 Jahre später sind zum 30. Jahrestag der islamischen Revolution zwar zehntägige Feierlichkeiten mit Militärparaden, Ausstellungen und der Abwurf von Blumen aus einem Hubschrauber über dem Grabmal des Klerikers geplant. Doch auch wenn das von Khomeini installierte Kleriker-Regime die Macht noch immer fest in den Händen hält, so herrscht heute in weiten Teilen der Bevölkerung Ernüchterung. Die islamische Republik ist Alltag geworden, beherrschend sind Wirtschaftsprobleme. Die erste islamische Theokratie wird kaum grundsätzlich infrage gestellt, aber viele Iraner hatten auf eine Reform des Systems gehofft. Diese Hoffnungen sind heute zerstoben.
Für viele Iraner sind die Ereignisse des Jahres 1979 noch immer der Sieg über den Despotismus, der von den USA unterstützt wurde. Unvergessen ist bei den Älteren, wie Schah Mohammed Reza Pahlevi angesichts des explodieren Unmuts über sein autoritäres Unterdrückungsregime und seine Verschwendungssucht am 16. Januar gezwungen wurde, das Land zu verlassen. „Ich bin jetzt müde und benötige dringend Ruhe und Erholung“, lauteten seine Abschiedsworte, welche 2500 Jahre Monarchie in der Kulturnation beenden sollten. Den Gefolgsleuten Ayatollah Khomeinis im Iran war es gelungen, einen großen Teil der Proteste gegen den Schah in religiöse Rhetorik zu kleiden. Als der charismatische Geistliche, der ab 1964 zunächst im Irak und anschließend in Paris im Exil war, heimkehrte, wurde er als Heilsbringer begrüßt. Linke und kommunistische Gruppen arbeiteten zunächst mit den Islamisten zusammen, um eine gerechtere Gesellschaftsordnung zu schaffen. Für sie standen dabei die sozialrevolutionären Elemente des Islam im Vordergrund. Doch die weltlichen Gruppen wurden schnell mundtot gemacht und verfolgt. Das von Khomeini ausgearbeitete Staatskonzept des Welayat-e-Faghih, wurde am 31. März 1979 per Volksentscheid angenommen: Damit war erstmals eine theokratische islamische Herrschaft errichtet, für die es weder im Koran noch in der islamischen Geschichte ein Vorbild gab. Einerseits sieht die Verfassung ein demokratisches System vor, angelehnt an die Fünfte Französische Republik. Doch parallel dazu wurde das Vetorecht des Obersten Rechtsgelehrten, heute Ali Khamenei, und des von ihm ernannten Wächterrates geschaffen, die de facto alle Entscheidungen der demokratischen Institutionen rückgängig machen oder verhindern können. Dies wurde in der Amtszeit des sogenannten Reformpräsidenten Mohammed Khatami besonders deutlich, der eine relative Liberalisierung der Gesellschaft zuließ. Ohne eine Verfassungsänderung, welche die Macht der Kleriker beschneiden würde, ist das System nicht zu reformieren.
Die größte Bedrohung für das Regime kommt heute weniger von oppositionellen Gruppen im Land. Und die Auslandsopposition in Form der Volksmudschaheddin hat im Land wenig Rückhalt – auch wenn deren Streichung von der EU-Terrorliste im Januar, pünktlich zum 30. Jahrestag der islamischen Revolution, eine bittere Niederlage für Teheran war. Vielmehr beherrscht die Wirtschaftskrise das Land, die durch die gesunkenen Gas- und Ölpreise dramatisch verschärft wurde. Ein großer Teil der Wirtschaftsmacht ist fest in den Händen von Kartellen, die mit der Kaste der führenden Kleriker verbunden sind. Ehemals revolutionäre Verbände haben sich zu Wirtschaftsimperien gemausert. Der populistische Präsident Mahmud Ahmadinedschad konnte seine Versprechen von einer gerechteren Verteilung von Einkommen nicht umsetzen.
In der Außenpolitik ist der Export der islamischen Revolution kein Thema mehr. Allerdings hat die Regionalmacht Iran mittlerweile ihren Einfluss durch die Unterstützung der schiitischen Hisbollah im Libanon und neuerdings auch der sunnitischen Hamas in den Palästinensergebieten ausgeweitet. Eine Konstante ist das feindselige Verhältnis zwischen dem Iran und den USA. Die Geiselnahme amerikanischer Diplomaten in Teheran im November 1979, die 444 Tage andauerte, ist bis heute ein traumatisches Ereignis für die Amerikaner. Der Iran wiederum fühlt sich umzingelt von feindseligen Regimen in der arabischen Welt, instabilen Ländern wie Afghanistan und Pakistan sowie der im Irak stationierten US-Armee. Seit Jahren wird das Verhältnis zur EU und zu den USA belastet vom iranischen Atomprogramm. Der Westen glaubt nicht, dass dieses Programm nur der Energieversorgung dienen soll, sondern vermutet ein Geheimprogramm zum Bau von Atombomben. Der neue US-Präsident Barack Obama will zwar auf den Iran zugehen und mit dem Regime verhandeln, das Präsident George W. Bush auf der „Achse des Bösen“ einordnete. Ob die islamische Republik versöhnlichere Töne anschlagen wird, kann man vielleicht daran ablesen, ob es bei den Jubiläumsfeiern weniger anti-amerikanische Slogans geben wird.