Kroatien: Erfolg für Konservative
Bei der EU-Parlamentswahl gewinnt die Opposition. Die regierenden Sozialdemokraten hatten fälschlicherweise darauf spekuliert, dass eine geringe Wahlbeteiligung zu ihren Gunsten ausfallen würde.
Das rechtskonservative Parteienbündnis in Kroatien hat die Wahlen für das Europaparlament am Sonntag überraschend gewonnen und wird sechs der zwölf EU-Parlamentarier nach Brüssel schicken. Entsprechend zufrieden zeigte sich der Chef der größten kroatischen Koalitionspartei, der Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ), Tomislav Karamarko am Montag. Er prophezeite bereits einen Sieg für die HDZ bei den Kommunalwahlen am 19. Mai. „Diebstahl und Korruption sind am Ende, Ehrlichkeit und Patriotismus sind zurück in der HDZ“, sagte Karamarko, dessen Partei sich in der Oppositionsrolle befindet. Das Mandat der zwölf kroatischen EU- Abgeordneten gilt nicht eine ganze fünfjährige Legislaturperiode lang, sondern nur zwölf Monate, da das Europaparlament 2014 neu gewählt wird.
Die HDZ hatte durch die Korruptionsskandale rund um den ehemaligen Premierminister Ivo Sanader, der im vergangenen Herbst verurteilt wurde, eine schwere Krise durchgemacht. Die HDZ war am Sonntag in Koalition mit der Rechtspartei (HSP AS) und dem Pensionistenblock (BUZ) angetreten und bekam 32,87 Prozent der Stimmen. Zweiter wurde das Bündnis rund um die Regierungskoalition Kukuriku mit den Sozialdemokraten (SDP), der liberalen Volkspartei (HNS) und der Pensionistenpartei (HSU). Es bekam 32,07 Prozent der Stimmen, 5890 weniger als das rechtskonservative Lager. Die Arbeiterpartei kam auf 5,7 Prozent und kann einen Abgeordneten nach Brüssel entsenden. Die Wahlbeteiligung war mit 20,8 Prozent äußerst gering, was auf die fehlende öffentliche Debatte zurückgeführt werden kann.
Offenbar war das Kalkül der regierenden Sozialdemokraten falsch, dass wenig Mobilisierung und damit eine geringe Wahlbeteiligung zu ihren Gunsten ausfallen könnten. Am meisten Vorzugsstimmen bekam zwar der SDP-Kandidat und ehemalige Außenminister Tonino Picula (47,3 Prozent auf der Regierungsliste), doch die überraschende Gewinnerin der EU-Wahl ist die rechtsgerichtete HSP-Politikerin Ruza Tomasic, die 26, 6 Prozent Vorzugsstimmen bekam, obwohl sie erst an sechster Stelle auf der Oppositionsliste genannt wurde. Tomasic bekam demnach mehr Stimmen als alle HDZ-Kandidaten. Sie war im Wahlkampf nicht nur mit euroskeptischer Rhetorik, sondern auch mit anti-serbischen Tönen aufgefallen. So hatte sie etwa gesagt, dass alle Nicht- Kroaten in Kroatien nur „Gäste“ seien. Nach der Wahl meinte sie, dass die Kritik an ihr wie eine Positiv-Kampagne gewirkt habe. Ihr gutes Abschneiden wertete sie als Abrechnung für Regierungschef Zoran Milanovic. Dieser kündigte an, mit „noch mehr“ Elan bei den Kommunalwahlen antreten zu wollen. Die Regierungsliste wird fünf Kandidaten ins EU-Parlament entsenden.
Den Erfolg der Opposition erklärt Hrvoje Paic vom Zentrum für Südosteuropastudien der Universität Graz unterdessen so: In der kroatischen Bevölkerung sei der Eindruck entstanden, dass sich die HDZ nach ihrer schweren Krise konsolidiert habe.
Adelheid Wölfl