US-Präsident zu Soldaten-Witwe: "Er wusste, auf was er sich einließ"
Der rüde Umgang des US-Präsidenten mit Hinterbliebenen von Soldaten befeuert die Debatte um die Eignung von Donald Trump für das Amt. Offen ist, ob das politische Folgen hat.
Mit einer herzlosen Bemerkung gegenüber der Witwe eines im Kampf getöteten US-Soldaten hat Präsident Donald Trump eine neue Debatte über seine charakterliche Eignung für das höchste Staatsamt losgetreten. Der Soldat, David T. Johnson, „wusste, worauf er sich einließ“, sagte Trump in einem Telefonat mit dessen Witwe Myeshia, wie die Mutter des Opfers und eine Parlamentsabgeordnete berichten. Kritiker werfen Trump Respektlosigkeit und Lügen vor. Präsident und Regierung sprechen dagegen von einer Diffamierungskampagne von Gegnern des Präsidenten, die das Leid der Hinterbliebenen für politische Zwecke ausbeuteten.
Der 71-jährige Trump, der sich selbst als junger Mann vom Militärdienst im Vietnam-Krieg befreien ließ, betont häufig seine Bewunderung für die Armee und die Veteranen der US-Kriege der vergangenen Jahrzehnte. Unter anderem begründet er seine derzeitige Kampagne gegen Protestgesten von Football-Spielern während der Nationalhymne mit dem Hinweis, die Spieler versagten den Soldaten der Armee den nötigen Respekt.
Doch wenn er von Ex-Soldaten oder den Familien von Gefallenen kritisiert wird, dann kennt Trump auch bei ihnen kein Pardon. So verspottete er den Senator und Vietnam-Veteranen John McCain, weil dieser während des Krieges in Gefangenschaft geraten war. Im Wahlkampf des vergangenen Jahres stritt sich Trump mit den Eltern eines im Irak gefallenen muslimischen US-Soldaten, die ihm Islamophobie vorgeworfen hatten.
Trump empört seine Vorgänger
Nun gibt es erneut Wirbel um den Umgang des Präsidenten mit einer Soldatenfamilie. In den vergangenen Tagen musste sich Trump rechtfertigen, weil er nicht über den kürzlichen Tod von vier Soldaten einer US-Elitetruppe bei einem Gefecht gegen Islamisten in Niger gesprochen hatte; der 25-jährige Johnson war unter den Opfern. In den USA ist es üblich, dass der Präsident als Oberkommandierender der Familie eines gefallenen Soldaten kondoliert. Er habe den Angehörigen Briefe geschrieben und werde die Anrufe bald nachholen, sagte Trump am Montag auf Fragen von Reportern.
Wie häufig reagierte der Präsident zudem, indem er Vorwürfe gegen seinen Vorgänger Barack Obama erhob. Dieser und andere Ex-Präsidenten hätten nur selten die Angehörigen von Soldaten angerufen, die im Kampf umgekommen seien – was nicht stimmt, wie Sprecher der beiden Ex-Präsidenten Obama und George W. Bush empört erklärten. Er selbst schrecke vor dieser schwierigen Pflicht nicht zurück, betonte Trump. Der Präsident zog sogar den vor sieben Jahren in Afghanistan getöteten Sohn seines Stabschefs John Kelly in die Debatte hinein: Kelly habe damals keinen Beileidsanruf von Obama erhalten, sagte Trump.
Doch das war noch nicht das Ende einer unschönen Auseinandersetzung über ein sensibles Thema. Als Trump am Dienstag die Witwe des Soldaten Johnson anrief, machte er die geschmacklose Bemerkung über die Tatsache, dass Johnson bei seinem Eintritt in die Armee gewusst habe, was er riskiere. Myeshia Johnson brach in Tränen aus – auch, weil sich der Präsident nach ihren Worten nicht einmal an den Namen ihres Mannes erinnerte. Er nannte den Afroamerikaner Johnson demnach „euren Burschen“.
Präsident spricht von Lügen
Das Gespräch wäre möglicherweise nicht an die Öffentlichkeit gekommen, wenn es von Myieshia Johnson nicht im Auto geführt worden wäre. Sie stellte die Unterredung auf Lautsprecher, sodass die Insassen des Wagens – ihre Schwiegermutter Cowanda Jones-Johnson und die für ihre Region in Florida zuständige Parlamentsabgeordnete Frederica Wilson – mithören konnten. Beide bestätigten in Medieninterviews, dass sich Trump respektlos geäußert habe.
Der Präsident dagegen betonte, die Abgeordnete Wilson sage nicht die Wahrheit, die angebliche Äußerung gegenüber der Soldatenwitwe sei "komplett erfunden". Das könne er beweisen, fügte Trump ohne weitere Erläuterungen hinzu.
In einem CNN-Interview nannte Wilson den Staatschef einen „kranken Mann“. Wilsons Kollegin Alcee Hastings sagte, Trump solle mit seinen „verdammten Lügen“ aufhören.
Unterdessen schob das Weiße Haus die Schuld auf die Medien – auch das eine Routineübung der Trump-Regierung. Präsidentensprecherin Sarah Huckabee Sanders sagte, es sei eine Schande, den Beileidsanruf eines Präsidenten so auszuschlachten.
Trump schürt Misstrauen in Medien
Damit ist die Affäre aber möglicherweise noch nicht aus der Welt. Die „Washington Post“ meldet, Trump habe auch mit der Feststellung gelogen, er habe alle Angehörigen von Soldaten angerufen, die in seiner Amtszeit ums Leben gekommen seien. Reporter der Zeitung kontaktierten demnach 13 der insgesamt mindestens 20 betroffenen Familien: Etwa die Hälfte hätten bisher noch nicht vom Präsidenten gehört, berichtete das Blatt.
Zudem sagte der Vater eines getöteten Soldaten der Zeitung zufolge, der Präsident habe ihm 25.000 Dollar versprochen, doch das Geld sei nie gekommen. Nachdem Journalisten der „Post“ beim Weißen Haus nachfragten, erklärte die Regierung am Mittwoch, der Scheck sei jetzt unterwegs. Unter Obama habe es einen ähnlichen Fall gegeben, berichtete die Zeitung.
Ob der neue Streit politische Folgen für Trump haben wird, ist nicht sicher. Bisher haben die Anhänger des Präsidenten ihrem Idol noch alles verziehen. Auch stellt sich die Frage, ob Trump-Wähler den Berichten in der Zeitung oder im Fernsehen glauben: Nach einer Umfrage ist fast jeder zweite Amerikaner überzeugt, dass die Medien Geschichten frei erfinden, um Trump zu schaden. Das griff Trump gleich dankbar in einem Tweet auf. "Es ist in Wirklichkeit noch viel schlimmer", schrieb er.