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Im Rückwärtsgang. Das Braunkohlekraftwerk Jänschwalde macht gerade gute Geschäfte. 2013 wurde mehr Braunkohle verbrannt als 1990.
© dpa

Klimaschutz: Energiewende paradox

Der Weltklimarat verhandelt in Deutschland über Klimaschutz . Doch hier steigen die Treibhausgasemissionen, weil der Preis für Steinkohle im Vergleich zum Erdgas gerade unschlagbar billig ist.

Der Klimaschutz der vergangenen 20 Jahre ist gegen den weltweit wachsenden Treibhausgasausstoß nicht angekommen. Das ist die wichtigste Botschaft des Weltklimarats (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC), der bis Sonntag in Berlin tagt. Die Arbeitsgruppe III unter der Leitung von Ottmar Edenhofer, Chefökonom des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), berät darüber, wie die globale Erwärmung unter zwei Grad im Vergleich zum Beginn der Industrialisierung gehalten werden kann. Es geht also darum, mit welchen Mitteln und Kosten die globale Wirtschaft klimafreundlich werden kann, und wie die dramatisch steigenden Treibhausgasemissionen auf ein verträgliches Maß zurückgeführt werden können.

Die Verhandlungen des IPCC sind zäh

Kein IPCC-Teilbericht ist umstrittener als dieser. Entsprechend zäh sind die Verhandlungen im Berliner Estrel-Hotel. Zwar können die 110 Regierungen, die mit den Wissenschaftlern über jedes Wort der „Zusammenfassung für Politiker“ feilschen, den Sinn des Dokuments nicht umdrehen. Fakten wie die Tatsache, dass die Treibhausgasemissionen in keinem Jahrzehnt schneller gestiegen sind, als zwischen 2000 und 2010, können nicht herausverhandelt werden. Auch die Erkenntnis, dass das vor allem auf die weltweit steigende Kohleverstromung zurückzuführen ist, dürfte am Ende stehen bleiben. Aber der Hinweis, dass die Kohleverbrennung vor allem in China dramatisch gestiegen ist, könnte am Ende einer allgemeineren Formulierung weichen: Asien beispielsweise. Am Sonntag sollen die Ergebnisse präsentiert werden.

Gastgeber Deutschland musste sich im Verlauf der IPCC-Tagung viele Fragen gefallen lassen. Denn 2012 und 2013 ist der Kohlendioxid-Ausstoß in Deutschland zum ersten Mal seit Jahren wieder gestiegen. Und das, obwohl gleichzeitig die CO2-freien Energieträger wie Wind, Sonne und Biomasse massiv ausgebaut worden sind. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch lag 2013 bei einem Viertel. Aber das Ziel, den Atomausstieg und die Energiewende so zu bewältigen, dass sie dem Klima nicht schaden, sei „nicht erreicht worden“, stellte der Chef des Nachhaltigkeitsinstituts IASS, Klaus Töpfer, am Freitag fest. Töpfer hatte 2011 die Ethikkommission geleitet, die der Bundesregierung die Begründung für den Atomausstieg liefern sollte. Warum dieses „Energiewende-Paradox“ aufgetreten ist, erklärt der Chef des Thinktanks Agora Energiewende, Patrick Graichen, vor allem mit hohen Gas- und niedrigen Kohlepreisen.

Erneuerbare Energien ersetzen die Atomkraft

„Der Zuwachs der erneuerbaren Energien ersetzt fast genau die Atomkraft“, sagte er in Berlin. Die Steinkohle ist auf dem Weltmarkt derzeit unschlagbar billig, weil zum einen in den USA wegen des Fracking-Booms die Gaspreise dramatisch gesunken sind, weshalb dort jetzt mehr Strom mit Gas als mit Steinkohle erzeugt wird; und es wird auch mehr Steinkohle gefördert. Zum anderen ist der europäische Emissionshandel kollabiert, CO2 kostet nahezu nichts. Das Ergebnis ist, dass in Deutschland alte Steinkohlekraftwerke Strom produzieren und neue Gaskraftwerke stillstehen, weil sie nicht so billig produzieren können. Graichen und Töpfer wiesen beide darauf hin, dass Deutschland viel mehr in die Energieeffizienz bei der Wärmeversorgung investieren und bei den Emissionen aus dem Verkehr eine Wende erreichen muss, um das für 2020 zugesagte Klimaziel die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken, zu erreichen.

Während der IPCC noch verhandelte, beriet der Bundestag über den Haushalt 2014. Und auch da steht Deutschland gerade nicht gut da, findet Jan Kowalzig von der Entwicklungsorganisation Oxfam. Für den Grünen Klimafonds, aus dem Klimaschutz in Entwicklungsländern finanziert werden soll, sei im Haushalt gar nichts eingeplant, kritisiert er. Und die Mittel für den internationalen Klimaschutz würden sogar insgesamt um 240 bis 440 Millionen Euro gekürzt. Die Bandbreite ergibt sich daraus, dass „die Regierung ihre Kürzungen gut im Haushalt versteckt hat“, sagt Kowalzig und sie deshalb nicht ganz präzise zu schätzen seien.

Dagmar Dehmer

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