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Tesla-Chef Elon Musk
© Reuters

Brief von Tesla: Elon Musk ist Unternehmer, aber kein Freund des Gerichts

Der US-Autobauer spielt sich als „Amicus Curiae“ der Berlin-Brandenburger Justiz auf. Das ist originell. Aber es ist nur Show. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Wie der amerikanische Autohersteller Tesla seinen neuesten Werksbau aus dem märkischen Boden stampft, ist atemberaubend. Rechtlich möglich wird das Tempo dank vorläufiger Zulassungen gemäß dem Bundesimmissionsschutzgesetz, einem Gesetz, das die Umwelt vor schädlichen Einflüssen schützen soll. Projekt first, Bedenken second, so kann man es zusammenfassen.

Trotzdem geht dem Tesla-Chef Elon Musk alles zu langsam. Er sieht sich nicht als Autobauer, sondern als Innovationskünstler und Menschheitsbeglücker. Wohl in dieser Doppelfunktion ließ er jetzt einen Brief an das Berlin-Brandenburger Oberverwaltungsgericht adressieren, mit dem er sich in einen Rechtsstreit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) einschaltet. Die DUH klagt dort gegen die Bundesregierung auf die Einhaltung von Klimazielen (Az.: 11 A 22/21).

Musk kapert das Instrument für seine Zwecke

Förmlich präsentiert sich Tesla darin als „Amicus Curiae“, als Freund des Gerichts. Auch dies ist innovativ. Anders als das US-Recht kennt das deutsche Recht eine solche Form der Verfahrensbeteiligung nicht. Im Common Law ist der „Amicus“ oft eine Art Sachverständiger, der als Anwalt öffentlicher Interessen auftritt. Er – oder sie – soll eine Perspektive auf den Rechtsstreit einbringen, der zu dessen Klärung beiträgt. In den USA wird gelegentlich kritisiert, dass Nichtregierungsorganisationen das Instrument für politische Interessen kapern.

Musk macht es ähnlich. Nur kapert er das Instrument für sein Unternehmen. In dem Schreiben tritt Tesla als Retter in der Klimakrise auf und gibt Handlungsempfehlungen für die Politik. Namentlich die, Genehmigungsverfahren so zu ändern, das sie für Projekte wie seines einfacher und schneller werden, zum Wohl des Klimas. Dass es mit der „Gigafactory“ bei Berlin so schnell klappt, sieht er nicht als Beleg für die Tauglichkeit deutscher Bürokratie, sondern als Ausdruck seiner Bereitschaft, trotz nur vorläufiger Zulassungen ins volle Risiko zu gehen.

Ob der Brief dem Gericht weiterhilft? Egal

Besonders originell sind die Tesla-Empfehlungen nicht. Sie sind eine Art Wunschliste eines Großinvestors im Anlagenbau. Originell ist, wie sie vorgebracht werden, als „Amicus“-Brief eines Unternehmens, das begleitende Pressearbeit sonst nicht allzu sehr schätzt. Damit versucht Tesla, an der gerichtlichen Würde zu partizipieren, und erreicht gleichzeitig die Öffentlichkeit. Es sieht nach Unabhängigkeit und Objektivität aus. Tesla schützt die Umwelt, Tesla fördert das Recht. Ob der Brief dem Gericht irgendwie weiterhilft? Egal.

Eine ausgezeichnete Idee. Jedenfalls für ein Unternehmen, das seine Produkte als Lösung für Probleme verkauft, zu deren Verschärfung es mit eben diesen Produkten beiträgt. Ein Tesla parkt Straßenraum in etwa so umweltfreundlich zu wie ein Diesel. Und dass das Spitzenmodell in 2,6 Sekunden ohne Motorlärm von null auf hundert beschleunigen kann, macht nicht Hoffnung, sondern Angst. Elon Musk ist Unternehmer, kein Erlöser. Er ist Verkäufer und kein Freund.

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