zum Hauptinhalt
Bundespräsident Joachim Gauck.
© AFP

Joachim Gauck auf Münchner Sicherheitskonferenz: Einmischen statt Wegsehen

Bundespräsident Joachim Gauck definiert auf der 50. Münchner Sicherheitskonferenz den Erhalt der offenen Weltordnung als deutsches „Kerninteresse“.

Mit kraftvollen Worten hat Bundespräsident Joachim Gauck die Deutschen aufgerufen, sich stärker für die Sicherheit in der Welt zu engagieren, „die ihnen seit Jahren von anderen gewährt“ werde. Dies sei im ganz eigenen Interesse, sagte Gauck am Freitag in seiner gut halbstündigen Rede zum Auftakt der 50. Münchner Sicherheitskonferenz. „Die Beschwörung des Altbekannten“ führe nicht zuletzt wegen der stets unterschätzten Geschwindigkeit des Wandels nicht weiter, rief er Kritikern einer neuen deutschen Außenpolitik zu.

Deutschland müsse sich „ als guter Partner früher, entschiedener und substanzieller einbringen“. Es dürfe nicht länger mit Hinweis auf seine Geschichte aus Zurückhaltung eine „Selbstprivilegierung“ machen. Die Deutschen sollten „Zutrauen und Vertrauen“ zu sich selbst und ihrem Staat haben, „nicht weil wir die deutsche Nation sind, sondern weil wir diese Nation sind“. Die Bundesrepublik sei wie kaum ein anderes Land globalisiert, auch die Wirtschaft lebe davon. Deshalb sei das wichtigste außenpolitische Ziel und „Kerninteresse“ im 21. Jahrhundert, die offene Ordnung der Welt zu erhalten und zukunftsfähig zu machen.

Gauck wies Vorwürfe zurück, Deutschland verhalte sich wie ein „Drückeberger“ – die Fakten sprächen dagegen. Das Land habe sich „vom Nutznießer zum Garanten“ von Sicherheit entwickelt. Allerdings müssten die Deutschen im 24. Jahr der Einheit erkennen: „Wer den kleinsten Schritt für den besten hält, wird kaum mithalten können.“ Gauck betonte, ähnlich wie Bundeskanzlerin Angela Merkel tags zuvor, dass Deutschland „nie eine rein militärische“ Lösung unterstützen werde, aber manchmal sei der Einsatz von Soldaten nötig. Man werde alle diplomatischen Möglichkeiten ausschöpfen, doch im äußersten Fall gelte: „Deutschland darf weder aus Prinzip ,Nein’ noch reflexhaft ,Ja’ sagen.“

Die internationale „Schutzverantwortung“ für Menschenrechte bedeute auch das Recht, notfalls in anderen Staaten zu intervenieren. Deutschland dürfe bei Völkermord und ethnischen Säuberungen nicht zusehen. Es gebe das Recht, abseits zu stehen. Politiker müssten immer verantworten, was sie tun. Sie müssten auch verantworten, was sie nicht tun. Im Übrigen werde Europa künftig mehr für die eigene Sicherheit tun müssen, das könne in eine gemeinsame Verteidigung münden.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) skizzierte in ihrer ersten Grundsatzrede auf internationaler Ebene, dass die Lastenteilung in Afghanistan für eine solche Kooperation auch auf strategischer und politische Ebene Vorbild sein könne. Dort arbeiteten 60 Nationen unter einem Kommando, „pooling und sharing“ funktioniere. So sollte Europa seine Streitkräfte umbauen. „Wir müssen zusammen planen und handeln.“ Dann könne man einen fairen Anteil der Lasten schultern. Deutschland sei bereit. Dazu gehöre, als Führungsnation in Afghanistan zu bleiben, wenn Präsident Karsai die Vereinbarungen unterzeichne.

Bereits am erste Tag wurde deutlich, wie stark das transatlantische Verhältnis durch die NSA-Affäre belastet ist. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte in Richtung USA: „Das, was zulasten deutscher Staatsbürger geht, ist maßlos.“ Der politische Schaden sei größer als der sicherheitspolitische Gewinn. Er mahnte „ein Signal der Amerikaner an ihren engsten Partner in Europa“ an. Maizière machte zudem deutlich, dass er von einem No-Spy-Abkommen so wenig erwartet wie er davon hält: „Was soll da verhandelt werden?“ Der Chef des Geheimdienstkomitees des Repräsentantenhauses, Mike Rogers, sagte, es müsse erst einmal geklärt werden, was die NSA tue und was nicht. „Die USA sind nicht die bösen Jungs.“ Maizière konterte: Die Situation könne verhindert werden, wenn man nicht von Snowden-Informationen abhängig wäre. US-Außenminister John Kerry hatte zuvor in Berlin gesagt: „Es ist kein Geheimnis, dass wir durch eine etwas harte Zeit gegangen sind.“ Nun müsse man die Partnerschaft wieder stärken. Deutschland habe international eine gewachsene Verantwortung. Er ließ offen, ob die USA zu einem No-Spy-Abkommen bereit sind.

Zur Startseite