Paul Ryan lehnt Präsidentschaftskandidatur ab: Eine Notlösung weniger für die Republikaner
Paul Ryan, die letzte Hoffnung vieler Republikaner auf dem Parteitag, erklärt: Ich stehe nicht als Präsidentschaftskandidat zur Verfügung. Eine Analyse.
Auf ihn hatten viele Republikaner ihre Hoffnungen gesetzt, um doch noch zu einem Präsidentschaftskandidaten mit realen Siegeschancen gegen Hillary Clinton zu kommen. Einen, der weder Donald Trump noch Ted Cruz heißt. Paul Ryan hat sich zwar nicht auf dem üblichen Weg, den Vorwahlen, um die Nominierung beworben. Aber als "Speaker" des Repräsentantenhauses - was dem deutschen Bundestagspräsidenten entspricht - hat der 46-Jährige Macht, Ansehen und Einfluss. Er ist populär an der Basis und nicht fest in einem Parteiflügel verortet, sondern ideologisch so flexibel, dass er ein guter Kompromisskandidat gewesen wäre.
Ryan war 2012 bereits der Vizepräsidentschaftskandidat der Republikaner. Er gilt spätestens seit der Vorwahl in Wisconsin als einer der Parteioberen, die Donald Trump verhindern wollen. Und als Vorsitzender des Nominierungsparteitags im Juli in Cleveland, Ohio, hat er enormen Einfluss auf die Verfahrensregeln.
Das Szenario: Paul Ryan wäre die Notlösung, wenn keiner der offiziellen drei Bewerber vor dem Parteitag die absolute Mehrheit der Delegierten hinter sich hat. Nach einer gescheiterten ersten Abstimmung, in der niemand die erforderlichen 1237 Stimmen erhält, würden die Delegierten aus den Vorwahlen von der Bindung an "ihren" Kandidaten befreit. Und dann dürften auch weitere Bewerber vorgeschlagen werden.
"Lasst mich für Klarheit sorgen"
Doch diesen Ausweg hat Paul Ryan nun verbaut. "Lasst mich für Klarheit sorgen. Ich strebe die Nominierung durch unsere Partei weder an, noch werde ich sie akzeptieren", sagte er am Dienstag Abend deutscher Zeit auf einer Pressekonferenz in Washington. Damit reagierte er auf einen Bericht der "New York Times" wenige Stunden zuvor.
Darin hatte Jennifer Steinhauer, die angesehene Parlamentskorrespondentin des Blattes, Ryans Auftritte der vergangenen Wochen analysiert und war zu dem Schluss gekommen: Ryan bereitet sich auf eine Kandidatur auf dem Parteitag vor. Eben erst war er nach Israel gereist, statt alle Kraft auf die Vorbereitung des Staatshaushalts zu richten, um seine außenpolitische Kompetenz zu unterstreichen. Und er hielt auffallend viele programmatische Reden und benutzte dafür sogar ein Kampagnenmotto: "Confident America".
Steinhauer schränkte ein: Diese Kampagne müsse nicht unbedingt das Weiße Haus zum Ziel haben. Ryan sage selbst immer wieder, er strebe die Präsidentschaftskandidatur nicht an. Er wolle die Botschaft verbreiten, dass die Republikaner für alle drängenden Probleme des Landes eine Lösung anzubieten haben. Das ließ aber die Gerüchte nicht verstummen. Denn Ryan hatte auch, ehe die republikanische Mehrheitsfraktion im Repräsentantenhaus ihn am 29. Oktober 2015 zum "Speaker" wählte, immer wieder gesagt, er lege es nicht darauf an, John Boehner, den langjährigen Vorgänger in diesem Amt, abzulösen.
"Ich werde nicht von der Bühne veschwinden"
Ryan sagte nun auf der Pressekonferenz, mit seinen Redeauftritten und der Werbekampagne für ein selbstbewusstes Amerika wolle er die Partei und ihr Ansehen voranbringen. Sie dienten nicht seinem persönlichen Ehrgeiz. Man dürfe nicht "Äpfel mit Orangen vergleichen". Teile seiner Pressekonferenz konnte man aber durchaus als Drohung an die Präsidentschaftskandidaten verstehen. "Auch wenn ich nicht antrete, heißt das nicht, dass ich von der Bühne verschwinden werde."
Er nutzte die Pressekonferenz, um Einfluss auf den Verlauf des Parteitags zu beschließen. Es gibt dort keine festen Verfahrensregeln. Selbst die Vorgaben, wer als Präsidentschaftskandidat in Frage kommt, können noch auf dem Parteitag nahezu beliebig per Abstimmung geändert werden. 2012 wurde zum Beispiel kurzfristig die Regel beschlossen, dass zur Nominierung nur die Bewerber zugelassen werden, die mindestens acht Vorwahlen gewonnen haben. Das Ziel war, zu verhindern, dass Ron Paul, ein libertärer Abgeordneter aus Texas, eine Gegenkandidatur gegen Mitt Romney vorbereitet. Das hätte zu einer Redeschlacht über die Ausrichtung der Partei geführt, die das Bild der Einheit gefährdet hätte.
Ryan empfiehlt einen Kandidaten aus den Vorwahlen
Ryan empfahl den Delegierten, nur Kandidaten für die Nominierung als Präsidentschaftskandidat in Betracht zu ziehen, die an den Vorwahlen teilgenommen haben. "Meine Überzeugung ist schlicht: Wenn du Präsidentschaftskandidat werden willst, dann musst du (in den Vorwahlen) antreten. Ich habe mich entschieden, das nicht zu tun. Deshalb sollte ich auch nicht in Betracht kommen. Punkt. Ich denke, es wäre falsch, anders zu verfahren."
Es geht um die Zukunft der Partei - nach Trump
Beobachter in Washington und Berater der Republikanischen Partei ziehen den Schluss: Paul Ryan rechnet mit einem bitteren Wahljahr für die Republikaner. Er denkt bereits jetzt darüber nach, wie die Partei sich in der Zeit nach Donald Trump aufstellen soll, um wieder bessere Chancen bei den Wählern zu haben.