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Christine Lambrecht (SPD) wird neue Chefin an der Mohrenstraße. Andere gelten als ambitionierter.
© Kay Nietfeld/dpa

Neue Justizministerin: Eine Linke für das Recht

Christine Lambrecht scheint eine Übergangslösung im Justizministerium zu sein. Dabei gibt es Aufgaben für sie: Etwa die Unabhängigkeit der deutschen Justiz.

Wer kann, wer will, wer ist der SPD genug SPD? Am Mittwoch, dem 54. Geburtstag von Christine Lambrecht, bisher Parlamentarische Staatssekretärin von Finanzminister Olaf Scholz (SPD), wurde die Antwort verkündet. Die langjährige Rechtspolitikerin der SPD-Fraktion im Bundestag rückt als Nachfolgerin von Katarina Barley (SPD) an die Spitze des Justizressorts. Barley hatte sich als Spitzenkandidatin ihrer Partei ins Europaparlament wählen lassen.

Die Phase, in der die Besetzung des Postens unklar war, wurde nicht nur in Justiz und Anwaltschaft als Form politischer Vernachlässigung empfunden; trotz geringen Etats und beschränkten Einflusses gilt das Ministerium seit Bismarcks Zeiten als „klassisches“ Ressort, auch das Grundgesetz zählt es neben Finanzen und Verteidigung zur Pflicht. Die gelebte Nähe zur Verfassung ermöglicht es den Amtsinhabern, etwas vom Glanz des deutschen Gründungsdokuments auf sich abstrahlen zu lassen. Barleys Vorgänger Heiko Maas hatte das nutzen können und sich mit Diskussionsbeiträgen als Regierungsgewissen profiliert; heute, als Außenminister, musste er amtsangemessen leiser werden.

Antreiber lässt man gerne mal auflaufen

Für Maas, damals Überraschungskandidat, war der Umzug an die Mohrenstraße ebenso wie für Barley ein weiterer Karriereschritt. Bei Lambrecht könnte es eher eine Vollendung bedeuten. Die Rechtsanwältin aus dem hessischen Viernheim gilt als weniger ambitioniert als etwa die SPD-Abgeordnete Eva Högl, die ebenfalls als Interessentin gehandelt wurde. Sagte Högl ab, weil ihr der Sinkflug der Groko mit einem möglicherweise abrupten Ausstieg aus dem Amt die Chancen rasiert? Kann sein. Andererseits wäre Högl nach innen wohl schwieriger vermittelbar gewesen. Antreiber und Impulsgeber oder Leute, die eine solche Aura um sich verbreiten, lässt man dort gerne mal auflaufen. Manchen ist noch in schlechter Erinnerung, wie sie die Jahre mit Herta Däubler-Gmelin um den Nachtschlaf brachten.

Zwei andere Kandidatinnen, die Generalsekretärin der Hessen-SPD Nancy Faeser und die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig, hätten ihre Posten riskieren müssen, während Lambrecht in das Netz ihres Bundestagsmandats fällt, wenn die Groko platzt. Das lässt die künftige Ministerin als Lösung für den Übergang erscheinen, von dem freilich auch in der SPD noch keiner recht weiß, wie er gelingen soll.

Nicht ausgeschlossen, dass Lambrecht als dezidiert linke Politikerin doch noch ein paar Akzente setzen will und beispielsweise mit Innenminister Horst Seehofer etwas unkollegialer umgeht als die in dieser Hinsicht diskrete Barley. Zudem verdient auch die viel gelobte deutsche Justiz möglicherweise ein paar Innovationen. Auf EU-Ebene wird aktuell bezweifelt, ob sie überhaupt ausreichend unabhängig ist.

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