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Auf äußerst filigrane Weise geht Bundeskanzlerin Angela Merkel mit der CSU-Forderung um, Zuwanderer sollten auch zu Hause deutsch sprechen.
© Reuters

Matthies meint: Eine Fremdsprache weiniger lernen

Wie die Kanzlerin filigran mit der Forderung der CSU umgeht, dass Zuwanderer auch zu Hause deutsch sprechen sollen. Eine Glosse.

Es gibt im politischen Leben Phänomene, die sich dem Außenstehenden nur ganz langsam erschließen. Heutiges Beispiel: der Hallenrundgang. Das kennen wir von der Grünen Woche, wo der Regierende Bürgermeister zusammen mit Bauernpräsident und Agrarminister/in von Aussteller zu Aussteller rennt, bis alle satt sind und nicht mehr gerade stehen können.
Doch es gibt diesen Rundgang auch auf dem CDU-Parteitag. So ein Parteitag ist eben mehr als tausend Stühle mit einem Podium – er ist eine Leistungsschau des Parlamentarismus. Gremien und Gruppierungen zeigen ihre Arbeit den staunenden Parteifreunden, es handelt sich um das, was dem Kirchentag der „Markt der Möglichkeiten“ ist, Broschüren, Batiktücher, fair gehandelter Früchtetee, solche Sachen.
Wir müssen uns also vorstellen, dass die aktuelle geistliche Führerin der Christdemokraten, Angela Merkel, am Montag segnend durch die Reihen geschritten ist, dabei aber auch die Gelegenheit genutzt hat, der CSU in netter Form eine runterzuhauen. Die Idee, dass Zuwanderer „angehalten“ werden sollten, auch in der Familie nur deutsch zu sprechen, war dann doch bei näherem Hinsehen so dämlich, dass es höchster Reparaturkunst bedurfte, um damit nicht total auf den Bauch zu fallen.
So etwas erledigt die Kanzlerin immer sehr filigran. Erstens: Es war doch alles so gut gemeint. „Gute Deutschkenntnisse gehören zur Integration dazu.“ Bitte, geht doch! Zweitens: Irgendeine schlau klingende Binse hinzufügen: „Allerdings ist es auch kein Fehler, wenn Kinder zum Beispiel zweisprachig aufwachsen und eine Fremdsprache weniger lernen müssen.“ Ehrlich – wer würde nicht lieber eine Fremdsprache weniger lernen wollen? Drittens: Abmoderieren. „Die CSU hat ja selbst gesagt, dass sie die Textformulierungen sich noch mal anschauen wird.“
Alles wieder im Lot. Der Beweis: „Wer dauerhaft hier leben will“, heißt es nun im Leitantrag, „soll motiviert werden, im täglichen Leben deutsch zu sprechen.“ Wichtig ist der feinsinnige Unterschied zwischen „anhalten“, was immer so nach Polizei, Kelle und Arrest klingt, und „motivieren“, was die sanfte Atmosphäre von Marketing-Seminaren und Führungsakademien aufruft. Außerdem wird aus der „Familie“ das „tägliche Leben“ – und schon ist der Tiger CSU zur Miezekatze geschrumpft.
Wie das Motivieren nun aber gehen soll? Ein erster Schritt könnte die Pflichtteilnahme an einem Hallenrundgang mit der Kanzlerin sein.

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