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Triumph der Jungen. Die Protestpartei Podemos um den Parteiführer Pablo Iglesias, hier mit gereckter Faust, hat aus dem Stand fast 21 Prozent gewonnen. Völlig unklar ist aber, welche Parteien sich zu einer Koalition zusammenraufen werden.
© imago/Agencia EFE

Parlamentswahl in Spanien: Ein Wahlergebnis ohne Perspektive für eine stabile Regierung

In Spanien zeichnet sich noch keine Regierungsbildung ab. Alle distanzieren sich von den Konservativen. Möglich wäre vielleicht ein Mitte-links-Pakt.

„Ungewissheit“, „Instabilität“, „Regierungsfrage offen“, titelten die spanischen Tageszeitungen am nächsten Morgen. Die Spanier wählten zwar ein neues Parlament. Und sie verhalfen zwei neuen Protestparteien zum triumphalen Einzug ins Abgeordnetenhaus. Doch die Kammer ist zersplittert wie noch nie und ohne klare Mehrheit. Weswegen der Stuhl des konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy wackelt und das Feilschen um Mehrheiten begonnen hat. Erstmals seit dem Ende der Franco-Diktatur in den 70er Jahren endete in Spanien eine Wahl ohne Perspektive auf eine stabile Regierung.

Angesichts dieser düsteren Aussichten fiel die geplante Jubelfeier vor der konservativen Parteizentrale in der Hauptstadt Madrid aus. Rajoy ließ eine kleine Schar von Anhängern in der Wahlnacht ziemlich lange warten, bevor er dann doch mit Trauermiene auf den Balkon trat. „Wir haben eine schwierige Etappe vor uns“, warnte Rajoy. Aber er wolle trotzdem „versuchen, eine Regierung zu bilden“. Ein letztes schwaches Winken, dann verschwand er wieder.

„Es hatte sich angehört, als ob sich Rajoy schon verabschieden wollte“, sagte ein Kommentator im spanischen Radiosender „Ser“. In der Tat gab das Wahlergebnis dem Partei- und Regierungschef wenig Anlass zur Freude. Seine konservative Volkspartei (PP) verlor ein Drittel ihrer Parlamentssitze, damit auch die absolute Mehrheit und stürzte auf 28,7 Prozent. Damit sind Rajoys Konservative zwar noch stärkste Partei. Aber zum Regieren reicht es nicht – und ein Partner ist nicht in Sicht.

Nicht nur die regierenden Konservativen wurden heftig abgestraft. Auch die zweite große Traditionspartei, die Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) mit ihrem Spitzenmann Pedro Sánchez, erlebte ein Debakel. Die Sozialisten, die sozialdemokratisch ausgerichtet sind, fielen von 29 auf 22 Prozent – das schlechteste Ergebnis der letzten 40 Jahre.

Es zeichnet sich eine knappe Übermacht derer ab, die Rajoy unbedingt ablösen wollen

Trotzdem werden Sánchez Chancen zugestanden, eine Mitte-links-Koalition mehrerer Parteien anzuführen, da sich eine knappe Übermacht jener abzeichnet, die unter allen Umständen Rajoys Regierungszeit beenden wollen.

Bei dieser neuen Mehrheit könnte die neue linksalternative Protestpartei Podemos (Wir können) eine entscheidende Rolle spielen. Eine junge Partei, die sich als Gewinner dieser Abstimmung fühlen darf und erstmals in einer nationalen Wahl angetreten war. Die von Pablo Iglesias, dem 37 Jahre alten Politologen mit dem Pferdeschwanz, angeführte Empörten-Bewegung kam auf Anhieb auf knapp 21 Prozent. Das bedeutet ein dritter Platz dicht hinter den Sozialisten. Ein Traumergebnis für eine Partei, die erst vor zwei Jahren aus den Straßenprotesten gegen Sparpolitik und Korruption entstand.

Entsprechend feierte Podemos eine Wahl-Fiesta und Parteichef Iglesias jubelte nach seinem Triumph: „Heute ist ein neues Spanien geboren worden.“ Und: „Spanien hat sich für den Wechsel des Systems ausgesprochen.“ Er meint damit jenes Parteiensystem, in dem bisher Konservative und Sozialisten das Sagen hatten und sich alle paar Jahre an der Macht abwechselten. Jahrzehntelang hatten diese beiden Traditionsparteien zusammen gut 80 Prozent der Stimmen hinter sich. Nun bekamen diese früheren Platzhirsche, die von vielen Spaniern für die Wirtschaftskrise und immer neue Korruptions- und Finanzskandale verantwortlich gemacht werden, die Rote Karte. Sie werden nun nur noch von etwa der Hälfte der Wähler gestützt. Was zugleich die Protestparteien Podemos und die liberale Plattform Ciudadanos (Bürger) erstarken ließ. Die Neulinge werden nun bei der künftigen Machtverteilung mitmischen.

Ciudadanos, die wirtschaftspolitisch noch am ehesten mit den Konservativen Berührungspunkte hat, will Rajoy, der durch Korruptionsskandale belastet ist, jedoch nicht unterstützen. Diese Bürgerplattform, die sich die „demokratische Erneuerung“ auf die Fahnen schrieb, kam aus dem Stand auf achtenswerte 13,9 Prozent. Dies würde aber ohnehin nicht ausreichen, um Rajoy die absolute Mehrheit zu verschaffen. Zudem kündigte Ciudadanos am Montag an, sich bei der Parlamentsabstimmung über den Regierungschef enthalten zu wollen.

Ciudadanos-Chef Albert Rivera forderte derweil die Sozialisten auf, eine Regierung der Konservativen nicht zu blockieren. „Spanien darf nicht zulassen, dass es zu einem zweiten Griechenland wird. Wir dürfen kein chaotisches Land werden“, sagte er. Doch die Sozialisten lehnen eine Tolerierung Rajoys oder auch eine große Koalition ab. „Wir werden gegen Rajoy stimmen“, stellte Vizeparteichef César Luena klar.

Somit zeichnet sich als wahrscheinlichster Ausweg ein Mitte-links-Pakt ab. Bei dem müssten dann aber für eine absolute Mehrheit neben den Sozialisten und Podemos auch noch regionale Parteien mitmachen, etwa aus dem abdriftenden Katalonien. Und die katalanischen Unabhängigkeitsparteien werden ihre Zustimmung teuer verkaufen.

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