Aktuelle Studie: Ein Viertel aller Beschäftigten arbeitet für Niedriglöhne
Weniger als 9,15 Euro Brutto-Stundenlohn - das ist nach wie vor die Realität für fast acht Millionen Menschen in Deutschland. Unterschiede gibt es vor allem zwischen Ost und West sowie zwischen Männern und Frauen.
Knapp acht Millionen Menschen arbeiten in Deutschland zu einem Niedriglohn von unter 9,15 Euro brutto pro Stunde. Damit sind fast ein Viertel der Beschäftigten (23 Prozent) im Niedriglohnsektor tätig, wie eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen zeigt. Zwischen 1995 und 2010 stieg die Zahl der Betroffenen um mehr als 2,3 Millionen. Seit 2007 ist der Anteil der Niedriglöhner laut der Untersuchung in etwa konstant geblieben.
Die durchschnittlichen Stundenlöhne lagen 2010 bei 6,68 Euro im Westen und bei 6,52 Euro in Ostdeutschland. Mehr als vier Millionen Menschen erhielten weniger als sieben Euro pro Stunde, etwa 2,5 Millionen weniger als sechs Euro und gut 1,3 Millionen Menschen sogar weniger als fünf Euro für ihre Arbeit. Extrem niedrige Stundenlöhne sind vor allem im Osten verbreitet: Dort verdiente 2010 von allen Beschäftigten etwa jeder achte (13,3 Prozent) weniger als sechs Euro brutto pro Stunde.
Von geringer Bezahlung sind Frauen deutlich häufiger betroffen als Männer. Würde in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro eingeführt, wie der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ihn fordert, dann hätte laut der IAQ-Untersuchung gut jede vierte Frau Anspruch auf eine Lohnerhöhung und knapp 15 Prozent der Männer. Sehr niedrige Stundenlöhne werden vor allem für Minijobs gezahlt. Doch es gibt auch knapp 800 000 Menschen, die in einem Vollzeitjob für weniger als sechs Euro pro Stunde arbeiten – und damit auf maximal 1000 Euro im Monat kommen.
Für die Untersuchung werteten die Wissenschaftler Daten des sozioökonomischen Panels aus, einer repräsentativen Befragung von Privathaushalten. In die Berechnung der Zahl der Niedriglöhner bezogen sie erstmals auch Schüler, Studenten und Rentner mit ein, die typischerweise nur Nebenjobs ausüben. Die absolute Zahl der Niedriglöhner stieg dadurch um knapp 500 000 Personen. Auch sie hätten bei der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns Anspruch auf eine Lohnerhöhung, argumentieren die IAQ-Forscher.
Das Bundesarbeitsministerium sieht bei der Entwicklung des Niedriglohnsektors „keine Dramatik“. Einen Zuwachs habe es vor allem in den Jahren vor 2007 gegeben, sagte ein Sprecher. Dennoch müsse man auf Lohnspreizung achten. „Deswegen wäre es gut, wenn noch in dieser Legislaturperiode ein von den Tarifparteien unabhängig ausgehandelter Mindestlohn käme“, sagte der Ministeriumssprecher. Die Unions-Bundestagsfraktion arbeitet derzeit zusammen mit Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) an einem Modell für eine Lohnuntergrenze, das nächste Woche vorliegen soll. Bisher ist allerdings unklar, ob die FDP bereit ist, einen solchen Mindestlohn mitzutragen.
SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil warf dem Arbeitsministerium vor, die Augen vor der Realität zu verschließen, wenn es die Entwicklung als nicht dramatisch bezeichne. Er forderte einen allgemeinen, gesetzlichen Mindestlohn. Die Grünen- Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer verlangte ebenfalls eine wirksame Lohnuntergrenze. „Wenn fast ein Viertel der Beschäftigten mit Niedriglöhnen abgespeist wird, ist Deutschland auf dem Weg zur prekären Republik.“
Cordula Eubel
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