CDU-Parteitag: Ein Verbot der Burka wäre konservativ, aber nicht christlich
Jens Spahn und Julia Klöckner, beide CDU, fordern ein Burka-Verbot. Nun hat der Rechtspopulismus viele Facetten, eine davon ist die Islamfeindschaft. Dafür müssten Christen eigentlich ein besonderes Sensorium haben. Ein Kommentar.
Der Eifer von Antireligiösen schweißt Gläubige zusammen, über Konfessionsgrenzen hinweg. Das gilt auch für stetig wachsenden Säkularismus, Agnostizismus und Atheismus. Kein Wunder also, dass beide christliche Kirchen sofort das Wort ergreifen, wenn religiöse Rechte eingeschränkt, verletzt oder abgeschafft werden sollen.
Ob bei Schändungen jüdischer Gräber, Brandstiftungen in Moscheen, Forderungen nach Beschneidungs-, Verschleierungs- und Minarettbauverboten: Evangelische und katholische Repräsentanten gehören zu den Ersten, die das Banner der Religionsfreiheit hochhalten. Denn auch sie spüren den zunehmenden Druck derer, die den Schutzbereich der Religionsfreiheit einengen wollen – angefangen beim Glockengeläut über den sonntäglichen Feiertag bis hin zur Personalautonomie im Rahmen religiöser Tendenzbetriebe.
Nun kennzeichnet es die meisten Angriffe auf die in Artikel 4 des Grundgesetzes geschützte Glaubensfreiheit, dass sie im humanitären Duktus vorgetragen werden. Es geht den Protagonisten um den Schutz des Abendlandes, die Unversehrtheit von Säuglingen, die Rechte von Frauen, das Ruhebedürfnis derer, die in Kirchennähe wohnen, die Konsumlust an Feiertagen, das Diskriminierungsverbot auch in konfessionellen Tendenzbetrieben. Dass die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit ein Menschenrecht ist, das religiöse Handlungen ebenso umfasst wie das Tragen besonderer Kleidung und den Zusammenschluss Gleichgesinnter, wird oft verdrängt – von links (Emanzipation, Diskriminierungsverbot) wie von rechts (Schutz des Abendlandes).
Will die CDU ihr konservatives Profil schärfen zulasten des christlich gebotenen Einstehens für die Religionsfreiheit?
Insofern sind konservativ und christlich beileibe nicht deckungsgleich. Jens Spahn und Julia Klöckner von der CDU etwa plädieren leidenschaftlich für ein Burkaverbot. Das Thema soll auf dem Parteitag der CDU in dieser Woche diskutiert werden. Ein entsprechender Antrag des Kreisverbandes Frankfurt (Main) liegt vor. Dabei geht es, wohlgemerkt, nicht etwa um ein partielles Vollverschleierungsverbot im Kontext öffentlicher Versammlungen, im Straßenverkehr oder für öffentlich Bedienstete, sondern um ein generelles Verbot. Das aber wäre, wie vor vier Jahren bereits der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages feststellte, eindeutig verfassungswidrig.
Umgehend wies denn auch die Auslandsbischöfin der Evangelischen Kirche in Deutschland, Petra Bosse-Huber, die Verbotsinitiative der aufstrebenden CDU-Funktionäre zurück. Das Unbehagen im Blick auf die Vollverschleierung von Frauen in der Öffentlichkeit könne sie durchaus verstehen, sagte sie, warnte aber vor einer Gesetzesänderung. Für ein „generelles Kleiderverbot“ müssten gravierende Gründe vorliegen.
Will die CDU – womöglich auch vor dem Hintergrund der Wahlerfolge der „Alternative für Deutschland“ (AfD) – auf dem Parteitag in Köln ihr konservatives Profil schärfen zulasten des christlich gebotenen Einstehens für die Religionsfreiheit? Genau darum geht es in dieser Debatte. Der Rechtspopulismus hat viele Facetten, eine davon ist die Islamfeindschaft. Dafür müssten Christen aufgrund ihrer Geschichte und aktuellen Lage ein besonderes Sensorium haben.