Debatte um Homoehe in der Union: Ein Türspalt ist offen
Die geplante Mitgliederbefragung der Berliner CDU zur Homo-Ehe könnte Schule machen – zumindest auf Landesebene.
Seit der Berliner CDU-Chef Frank Henkel angekündigt hat, die rund 12.500 Berliner CDU-Mitglieder zur Homo-Ehe zu befragen, müssen sich auch andere Landesverbände der CDU mit dem für die Partei heiklen Thema neu befassen. Henkel wollte mit seinem Vorstoß zwar wohl vor allem Zeit gewinnen, um sich einem klaren Votum zur Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare an diesem Freitag im Bundesrat zu entziehen. Doch er hat damit auch Begehrlichkeiten geweckt. Alexander Vogt, Vorsitzender der Lesben und Schwulen in der Union, hofft jedenfalls, dass das Berliner Beispiel „Schule macht“. „Es ist gut, dass das gemacht wird, denn wir brauchen eine Debatte in der Partei und ein Meinungsbild“, sagte Vogt dem Tagesspiegel.
Auch Hessen befragt Mitglieder
Sein eigener Landesverband in Hessen befragt ohnehin regelmäßig Mitglieder zu aktuellen Politikfeldern. In der laufenden Umfrage wird dabei auch die Homo-Ehe thematisiert. Ein Ergebnis soll in dieser Woche vorliegen. Allerdings wird in Hessen nur ein ausgewählter Personenkreis unter den Mitgliedern befragt. Alexander Vogt gehört dazu, „und ich habe mich für eine völlige Gleichstellung ausgesprochen“. In Hamburg steht die Frage einer Mitgliederbefragung zur Homo-Ehe demnächst ebenfalls auf der Tagesordnung der CDU, wie der Landesvorsitzende Roland Heintze dem Tagesspiegel sagte. „Ich sehe aber keinen Grund, jetzt in Hektik auszubrechen.“ So lange kein Antrag für eine Mitgliederbefragung vorliege, gebe es keinen Handlungsbedarf, so Heintze weiter. „Bisher gibt es keinen Antrag.“
Mitgliedervotum auf Bundesebene kein Thema
Und ein Mitgliedervotum auf Bundesebene? Für Heintze ist das derzeit ebenfalls kein Thema. „Wir haben eine Beschlusslage.“ Soll heißen: Die Union akzeptiert gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften, die Ehe soll aber eine Verbindung von Mann und Frau bleiben. „Für die derzeitige Legislaturperiode gibt der Koalitionsvertrag den Handlungsrahmen vor“, sagt auch der Stuttgarter CDU-Chef Thomas Strobl. Der sieht ebenfalls keine völlige Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit heterosexuellen Ehepaaren vor. Die Frage nach einer Mitgliederbefragung in Baden-Württemberg oder im Bund stelle sich daher derzeit nicht, sagte Strobl dem Tagesspiegel. „Wenn es um Veränderungen am grundgesetzlich verbürgten Institut der Ehe geht, dann muss dazu innerhalb der Union eine offene, sachliche und an unseren Grundwerten orientierte Debatte geführt werden. Und für diese Debatte sollte sich die CDU die Zeit nehmen, die es braucht.“ Ganz schließen will Strobl die Tür also nicht.
Leyen wagt sich weiter vor als andere
Seine Parteifreundin Ursula von der Leyen, wie Strobl stellvertretende CDU-Vorsitzende und bekannt dafür, bei gesellschaftspolitischen Themen auch mal gegen den konservativen Strom in der Union zu schwimmen – und sich damit am Ende durchzusetzen – hat den Türspalt gerade sogar etwas weiter geöffnet. Dem "Spiegel“ zufolge sagte Leyen in der vergangenen Woche im CDU-Präsidium, bei der Gleichstellung müsse man zwar behutsam vorgehen, aber auch feststellen, dass sich in der Gesellschaft etwas fundamental verändert habe. Als Beispiel soll die Verteidigungsministerin ihre eigene Familie angeführt haben, eine „typische CDU-Familie“. Da sei es kein Problem mehr, wenn im größeren Familienkreis zwei Männer oder Frauen eine Lebenspartnerschaft eingehen, sagte sie dem Bericht zufolge.
Innenminister verweist auf das Grundgesetz
Am Sonntag schaltete sich auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière, in die Debatte ein – und holte sie wieder auf den Boden der Unions-Beschlusslage zurück. „Wir sollten noch bestehende Diskriminierungen gleichgeschlechtlicher Partnerschaften weiter beseitigen. Das bedeutet aber keine Gleichstellung mit der Ehe“, sagte der CDU-Politiker dem Evangelischen Pressedienst (epd). Und der Minister lenkte die Aufmerksamkeit im Streit um die Homo-Ehe in andere Bahnen. Für die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe wäre eine Grundgesetzänderung notwendig, sagte er in dem Pressegespräch weiter.„Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist die Ehe die Verbindung von Mann und Frau. Wenn man das ändern wollte, würde das nicht mit einem einfachen Gesetz gehen. „Da wird man wohl eine Grundgesetzänderung brauchen. Das werfe noch einmal ganz andere Fragen auf. Zur Möglichkeit einer Mitgliederbefragung nach dem Vorbild des Berliner CDU-Landesverbandes äußerte sich Innenminister de Maizière nicht.
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