Explosionsunglück in China: Ein Sichuan-Moment
China will den Umgang mit dem Explosionsunglück selbst kontrollieren. Das wird nicht funktionieren. Ein Kommentar
China steht vor einem zweiten Sichuan-Moment. Die Explosion in der nordchinesischen Stadt Tianjing könnte Chinas Umgang mit Industriekatastrophen womöglich genauso verändern, wie das große Erdbeben in Sichuan 2008 den Umgang mit Naturkatastrophen verändert hat. Die regierende kommunistische Partei hat damals erkennen müssen, dass Schweigen nicht hilft. Damals waren viele Schulkinder gestorben, weil überproportional viele Schulen eingestürzt waren. Chinas berühmtester Künstler, Ai Weiwei, hatte damals dabei geholfen, den Skandal offenzulegen, dass bei den Schulen eine Vielzahl von Bauvorschriften ignoriert worden waren. Bei der Bewältigung der Tianjing-Katastrophe bedient sich die Regierung in Peking derzeit noch der alten Rezepte. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua sind 50 Nachrichtenkanäle beschuldigt worden, mit „nicht autorisierten Informationen“ Panik zu verbreiten. Zugleich demonstrieren Angehörige von Vermissten für mehr Information. Das ist für die Kommunistische Partei nicht weniger explosiv als das Chemikaliengemisch, das im Hafen von Tianjing immer noch brennt.