zum Hauptinhalt
Der ukrainische Oligarch Pjotr Poroschenko.
© dpa

Präsidentenwahl in der Ukraine: Ein Schokoladen-Oligarch greift nach der Macht in Kiew

Ein Milliardär mit zweifelhafter Vergangenheit könnte zum Gegenspieler von Julia Timoschenko bei der Präsidentschaftswahl in der Ukraine werden - der Süßwarenfabrikant Pjotr Poroschenko. Laut Umfragen stehen seine Chancen gut.

Er trägt den Beinamen des „Schokoladenkönigs“. Und demnächst könnte er auch nach dem höchsten Staatsamt in Kiew greifen: Der Oligarch und Süßwarenfabrikant Pjotr Poroschenko möchte Präsident der Ukraine werden. Dabei könnten ihm seine Verbindungen zur „Udar“-Partei des Ex-Boxweltmeisters Vitali Klitschko zugute kommen. In einige Medien wird sogar darüber spekuliert, dass Poroschenko für die Klitschko-Partei antreten könnte. An diesem Samstag küren die großen Parteien in der Ukraine ihre Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen am 25. Mai.

Dass Poroschenko, der Milliardär mit zweifelhafter Vergangenheit, in irgendeiner Form kandidieren wird, gilt als ausgemacht. Der 48-Jährige kann auf eine lange politische Laufbahn zurückblicken. Unter Präsident Viktor Juschtschenko bekleidete er verschiedene Regierungsämter, war Außenminister, Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrates und Direktor der Nationalbank. Der verhasste Ex-Präsident Viktor Janukowitsch machte ihn zum Wirtschaftsminister. Poroschenko gilt als „politisches Chamäleon“, es gibt auch andere, sehr viel unschönere Bezeichnungen.

Poroschenko schielt auf die westlichen Märkte

Die ukrainische Internetzeitung Lewej Bereg schreibt über Poroschenko, dass er vor allem sein wirtschaftliches Vorankommen im Blick habe. Derzeit kann man die Produkte der Firma Roshen vor allem in Ländern der post-sowjetischen Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) kaufen. Das soll sich möglichst schnell ändern – Poroschenko schielt auf die westlichen Märkte. Der aus Odessa stammende gelernte Diplomat hatte Mitte der Neunzigerjahre mit Kakao-Bohnen gehandelt. Die staatlichen Kombinate waren seine Abnehmer. Eines Tages beschloss er, dort selber das Ruder in die Hand zu nehmen. Heute kontrolliert er neben einem Nahrungsmittelkonzern auch die Produktion von Pkws und Bussen sowie eine Mediengruppe, TV- und Radio-Sender.

Damit unterscheidet sich Poroschenkos Karriere nicht so sehr von jener der ehemaligen Regierungschefin Julia Timoschenko. Auch sie ist in den Umbruchzeiten der Neunzigerjahre als Unternehmerin aufgestiegen. Sie hatte nach der orangenen Revolution mit dem damaligen Präsidenten Juschtschenko versucht, das Land auf Westkurs zu bringen. Anders als Poroschenko hat sie unter Janukowitsch im Gefängnis und nicht in dessen Regierung gesessen. Beide haben die Maidan-Proteste unterstützt, Poroschenko stand selber mit auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew. Timoschenkos Partei „Vaterland“ organisierte die Bühne und den Sicherheitsdienst. Nun wollen beide für das Präsidentenamt kandidieren.

Umfragen sehen Poroschenko vor Timoschenko und Klitschko

Anfang der Woche wurden erste Umfragen veröffentlicht. Dabei kam Poroschenko auf 25 Prozent, Timoschenko auf acht und Vitali Klitschko auf neun Prozent. Doch solche Ergebnisse werden in der Ukraine mit Vorsicht genossen. Bei den Parlamentswahlen 2012 prognostizierten dieselben Institute, dass Timoschenkos „Vaterland“ maximal 14 Prozent erreichen würde, doch die Partei wurde mit 25 Prozent zweitstärkste Kraft. Die rechte „Swoboda“ hätte laut der Umfrage nur knapp in die Rada einziehen dürfen. Tatsächlich erreichte sie aber fast elf Prozent.

Der bekannte Journalist Sergej Letschenko, stellvertretender Chefredakteur der „Ukrainiska Prawda“, kommentierte die Umfrageergebnisse mit den Worten: „Der Wahlkampf hat noch gar nicht begonnen.“ Experten wie der Chef der Nachrichtenagentur Interfax Ukraine, Alexander Martinenko, sagt für die Präsidentschaftswahl vor allem ein Duell zwischen Julia Timoschenko und Pjotr Poroschenko voraus.

Die frühere Regierungspartei von Viktor Janukowitsch, die einst mächtige Partei der Regionen, scheint dieses Mal aussichtslos. Die Partei wird mit Michail Dobkin, dem Gouverneur der Region Charkiw, antreten.

Die rechte Partei „Swoboda“ gilt in der Ukraine als Verlierer des Maidans. Zwar hatte Parteichef Oleg Tjanibok die Proteste monatelang unterstützt, die Partei ist in der Übergangsregierung vertreten. Doch das hat Tjanibok offenbar nichts genutzt. Experten befürchten, dass rechte oder nationalgesinnte Wähler ihr Kreuz bei Dmitrij Jarosch machen könnten, dem Vorsitzenden des „Rechten Sektors“. Diese Vereinigung existiert erst seit wenigen Tagen als Partei. In dieser Woche machte sie mit gewalttätigen Aktionen und dem Versuch, das Parlament in Kiew zu stürmen, auf sich aufmerksam.

Zur Startseite