Dokumentation "Gedenken und Mahnen": Ein Mahnmal für die Opfer des Kommunismus
Opferverbände und DDR-Bürgerrechtler setzen sich für ein Mahnmal zur Erinnerung an die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft ein. Der Aufruf wurde am 4. November an Bundestagspräsident Norbert Lammert übergeben. Seitdem herrscht Schweigen im Berliner Gedenkwald. Eine Dokumentation.
Auf der einen Seite das Getöse: DDR als Unrechtsstaat, Stalin-Verehrung in Russland, Joachim Gauck versus Bodo Ramelow, Wolf Biermann redet und singt im Bundestag, Künstler entwenden Mauerkreuze, das erste dunkelrot-rot-grüne Bündnis in Thüringen. Auf der anderen Seite das stete Wasser. Anfang des Monats ging eine kleine, unscheinbare Agentur-Meldung durch einige Zeitungen. Darin steht:
Opferverbände und frühere DDR-Bürgerrechtler setzen sich für ein Mahnmal zur Erinnerung an die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft ein. Mehr als 1500 Unterschriften sind dafür bislang gesammelt worden. Der Aufruf wurde am 4. November an Bundestagspräsident Norbert Lammert übergeben. Der Bundestag solle beschließen, ein zentrales Denkmal in der Hauptstadt zu errichten. Zu den Erstunterzeichnern gehören laut der „Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft“ die einstige Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, sowie die früheren Bürgerrechtler Freya Klier und Vera Lengsfeld.
Was so leise daherkommt, hat Wucht. Es erinnert daran, dass es ausgerechnet in Berlin, der Welt-Hauptstadt des Gedenkens, kein zentrales Mahnmal für die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft gibt. Im alten Westteil der Stadt, im Bezirk Tiergarten, steht das sowjetische Ehrenmal – in der Mitte der acht Meter hohe Rotarmist, eingerahmt von zwei sowjetischen T-34-Panzern. Am Steinplatz in Charlottenburg wurde 1951 ein Gedenkstein für die Opfer des Stalinismus aufgestellt. Auch in der Gedenkstätte der Sozialisten in Friedrichsfelde steht ein kleiner Stein mit der verblichenen Inschrift „Den Opfern des Stalinismus“. Es gibt das ehemalige Stasi-Gefängnis in Hohenschönhausen und daneben die Maueropfer-Dokumentation an der Bernauer Straße. Das war’s.
Was auffällt, ist das Schweigen der Parlamentarier zu dieser Schande. Kein Bundespräsident, kein Bundestagspräsident, keine Kanzlerin, keine Partei, die dieses Anliegen offensiv vertritt. Man freut sich über den Mauerfall vor 25 Jahren – und vergisst die Vergangenheit.
An diesen Samstag werden mehr als 20 Master-Studierende der TU Darmstadt (Architektur und Freiraumplanung), die „Union der Opferverbände“ besuchen und sich Gedanken machen über eine mögliche Ausgestaltung des Mahnmals unter Einbeziehung des Ortes. Alles ist erlaubt, heißt es bei der Initiative, solange ein zentraler Ort in Berlin gewählt wird. Im Rahmen eines Zeitzeugengesprächs werden die Studierenden auch die Möglichkeit haben, Fragen an Betroffenen und Opfer des SED-Regimes zu stellen.
Und hier der Aufruf im Wortlaut:
„Für ein Mahnmal für die Opfer des Kommunismus in Deutschland“
Anlässlich des 25. Jahrestages des Falls der Berliner Mauer am 9. November 1989 als ein Ergebnis der Friedlichen Revolution in der DDR und des damit verbundenen Endes der kommunistischen Herrschaft in Ost- und Mitteleuropa,
im Wissen um die verheerenden Folgen totalitären Denkens und Handelns in Deutschland, das mit der kommunistischen eine zweite Diktatur erleben musste,
im Gedenken an die Opfer der SED-Diktatur, der Toten und der Überlebenden, der Vertriebenen und Enteigneten, der Internierten und der zu Unrecht Inhaftierten, der
Geflohenen, der von Berufs- und Bildungsverbot Betroffenen, der Opfer von Zersetzung und des Verlustes ihrer Gesundheit,
in Würdigung der Hoffnungen und Anstrengungen all jener, die dem Kommunismus widerstanden haben und ihren Glauben an eine demokratische Zukunft und ein Leben
in Freiheit nicht preisgaben,
in Anerkennung des Widerstandes gegen die kommunistische Diktatur und des Engagements für Menschenrechte, Freiheit und Demokratie,
im Wissen um die Notwendigkeit der Auseinandersetzung mit diktatorischen Systemen und zur Ermunterung zum Widerstand gegen Diktatur und die Verletzung
von Menschenrechten,
in Solidarität mit all jenen, die noch heute unter einer kommunistischen Diktatur leben und leiden müssen,
im Bewusstsein der Notwendigkeit über das Leben und Leiden der Menschen unter der SED-Diktatur aufzuklären,
für die aktive Teilnahme unserer Mitbürger an der politischen Meinungsbildung und ihres Engagements für und in unserer Demokratie,
für die Bewahrung von Freiheit, Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechte,
fordern wir den Deutschen Bundestag dazu auf, die Errichtung eines Mahnmals zum
Gedenken an die Opfer des Kommunismus in Deutschland zu beschließen.
Erstunterzeichner:
Hilsberg, Stephan
PStS a.D. MdB a.D., Initiativgruppe Mahnmal der UOKG e.V.
Ahrberg, Edda
LStU Sachsen-Anhalt a.D.
Baberowski, Prof. Dr. Jörg
Historiker
Bahr, Ernst
MdB a.D.
Barbe, Angelika
MdB a.D.
Bartsch, Prof. em. Gerhard
Initiativgruppe Mahnmal der UOKG e.V.
Bauersfeld, Alexander
Bürgerrechtler
Beck, Marieluise
MdB (Grüne/90)
Behr, Katrin
Hilfe für Opfer von Zwangsadoptionen e.V.
Bickhardt, Stephan
Bürgerrechtler
Birthler, Marianne
Bürgerrechtlerin und Bundesbeauftragte für die Stasiunterlagen a.D.
Blumentritt, Volker
MdB a.D.
Bohley, Heidi
Bürgerrechtlerin
Bomberg, Dr. Karl-Heinz
Arzt, Liedermacher
Boos, Christian
Historiker
Böttger, Martin
Bürgerrechtler
Brecht, Eberhard
Bürgermeister von Quedlinburg, MdB a.D.
Büchler, Hans
MdB a.D.
Demele, Ernst
Bürgerrechtler
Dietrich, Christian
LStU Thüringen
Dücker, Berthold
Chefredakteur a.D.
Dreher, Sibylle
Frauenverband im BdV e.V., Initiativgruppe Mahnmal der UOKG e.V.
Dyck , Axel
Vorsitzender SPD-Fraktion Leipzig
Ebert, Frank
Bürgerrechtler
Eigenfeld, Katrin
Bürgerrechtlerin
Elmer, Konrad
MdB a.D.
Eppelmann, Rainer
MdB a.D.
Faust, Siegmar
Schriftsteller, LStU Sachsen a.D.
Fell, Hans-Josef
MdB a.D.
Foitzig, Dr. Jan
Historiker
Fornahl, Rainer
Mitbegründer der SDP, MdB a.D.
Förster, Maik
Kommunalpolitiker
Fricke, Dr. h.c. Karl Wilhelm
Publizist und Zeitzeuge
Fuchs, Dr. Wolfgang-Christian
Präsident der Internationalen Assoziation ehemaliger politischer Gefangener e.V. (Inter-Asso)
Geipel, Prof. Ines
Schriftstellerin und Vorsitzende der Doping-Opferhilfe e.V.
Goertz, Joachim
Bürgerrechtler
Goßler, Anita
Initiativgruppe Mahnmal der UOKG e.V.
Gronau, Klaus
Zeitzeuge vom 17. Juni 1953
Günther, Christine
Bürgerrechtlerin
Hatzsch, Gunther
Vizepräsident des Sächsischen Landtages
Hecker, Hermine
Landesvorsitzende der Senioren Union der CDU Hamburg
Hildebrand, Gerold
Bürgerrechtler
Hinkel, Matthias
Bürgerrechtler
Ilte, Wolfgang
MdB a.D.
Kähler, Joachim
Pfarrer, Mitbegründer der SDP
Klier, Freya
Bürgerrechtlerin
Kloss, Oliver
Bürgerrechtler
Knezović, Jure
Kroatischer Verein ehemaliger politischer Häftlinge (HDPZ), Ehrenpräsident der Inter-Asso
Košiar, Dr. Ján
Vize-Präsident der Internationalen Assoziation ehemaliger politischer
Gefangener e.V.
Kowalczuk, Ilko Sascha
Historiker
Krägel, Sybille
Initiativgruppe NKWD-Lager Tost
Krawczyk, Stephan
Schriftsteller, Sänger und Komponist
Kuhn, Gino
Künstler, Initiativgruppe Mahnmal der UOKG e.V.
Kupferschmied, André
Leipzig
Kürschner, Dr. Jörg
Förderverein Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen
Lappe, Christian M.
Zeitzeuge
Lengsfeld, Vera
MdB a.D.
Lersow, Michael
Landesvorsitzender SPD Sachsen a.D.
Litecký-Šveda, Ján
„Politische Gefangene - Union des Antikommunistischen Widerstandes - III
Widerstand“ (Slowakei)
Lüdke, Dr. Rita
Arbeitsgemeinschaft Fünfeichen
Meckel, Markus
MdB a.D.
Michels-Boger, Anna
UOKG e.V., Initiativgruppe Mahnmal der UOKG e.V.
Mittrup, Theodor
UOKG e.V., Initiativgruppe Mahnmal der UOKG e.V.
Montag, Rolf-Dieter
Geschäftsmann, Leipzig
Motzer, Dietmar
Leipzig
Musteikis, Petras und Duobaitė-Bumbulienė, Rasa
Verband der politischen Häftlinge und Verbannten Litauens (LPKTS)
Müller, Christian
MdB a.D
Müller, Rainer
Bürgerrechtler
Neubert, Ehrhart
Bürgerrechtler
Neubert, Hildigund
LStU Thüringen a.D.
Obranić, Alfred
Kroatische Gesellschaft ehemaliger politischer Häftlinge (HDPZ)
Oswald, Günter
Treffurt
Pahnke, Rudi-Karl
Theologe, Bürgerrechtler
Poppe, Gerd
MdB a.D.
Poppe, Grit
Schriftstellerin
Poppe, Ulrike
Bürgerrechtlerin, Bundesbeauftragte LStU Brandenburg
Postica, Alex
Verband ehemaliger politischen Häftlinge und Verbannter Moldovas
(AFDDPM)
Rachowski, Utz
Schriftsteller
Rathenow, Lutz
LStU Sachsen
Reiche, Steffen
MdB a.D.
Reiprich, Siegfried
Geschäftsführer Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft
Ritter, Waldemar
Politologe und Historiker
Rochau, Lothar
Bürgerrechtler
Rüffert, Hartmut
Bürgerrechtler
Sachse, Dr. Christian
Theologe und Politikwissenschaftler, Initiativgruppe Mahnmal der UOKG e.V.
Sandmann, Stefan
Vorsitzender SPD Ilmenau
Schmidt, Dr. Oskar
Bürgerrechtler
Schönemann, Ernst-Otto
UOKG e.V, Initiativgruppe Mahnmal der UOKG e.V.
Schulz, Michael M.
Initiativgruppe Mahnmal der UOKG e.V.
Schulz, Werner
MdB a.D.
Schwabe, Uwe
Bürgerrechtler, Leipzig
Schwanitz, Wolfgang
MdB a.D.
Sello, Tom
Publizist, Bürgerrechtler
Sonntag, Frank Wolfgang
ehem. Sprecher AK Gerechtigkeit, jetzt FAKT
Sturza, Valentina
Verband ehemaliger politischen Häftlinge und Verbannter Moldovas
(AFDDPM)
Tarnóczy, Arpád
Malacký, Antom
Präsident und Vizepräsident des Verbands „Politische Gefangene - Union des Antikommunistischen Widerstandes - III Widerstand“ (Slowakei)
Timm, Gottfried
Innenminister der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern a.D.
Wagner, Rainer
Bundesvorsitzender der Union der Opferverbände Kommunistischer
Gewaltherrschaft (UOKG e.V), Vorsitzender der Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS e.V)
Wahlgren, Silke
Bürgerrechtlerin
Wähling , Sylvia
Menschenrechtszentrum Cottbus e.V.
Waschitschka, Matthias
Bürgerrechtler
Weiß, Konrad
MdB a.D.
Weißbach, Dr. Olaf
Bürgerrechtler und Schriftsteller
Weissgerber, Gunter
MdB a.D.
Illgen-Weissgerber, Christiane
Bürgerrechtlerin
Weisshuhn, Reinhard
Bürgerrechtler
Weißkirchen, Gert
MdB a.D.
Wilke, Prof. Dr. Manfred
Soziologe
Winkelmann, Neela
Platform of European Memory and Conscience (Plattform für das Gedenken und Gewissen Europas)
Wunnicke, Christoph
Historiker
Zupke, Evelyn
Bürgerrechtlerin