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Ende einer Amtszeit. Frankreichs ehemaliger Präsident Nicolas Sarkozy und seine Frau Carla Bruni-Sarkozy verlassen am Dienstag den Élysée-Palast. Foto: Patrick Kovarik/dpa
© dpa

Nicolas Sarkozy: Ein leises Adieu

Frankreichs neuer Staatschef Hollande verzichtet darauf, seinen Vorgänger Sarkozy besonders zu würdigen.

Es war ein sachlicher, arbeitsmäßiger Empfang den der scheidende Präsident Nicolas Sarkozy seinem Nachfolger Francois Hollande zur Amtsübergabe bereitete. Ein Händedruck auf den Stufen des Elysée-Palastes, ein Blick hinüber zu den im Ehrenhof wartenden Medienvertretern, dann verschwanden der alte und der neue Amtsinhaber in dem im ersten Stock gelegenen Präsidentenbüro.

Ganze 35 Minuten dauerte die Unterredung, deren wichtigster Teil, wie bei jedem Wechsel im Präsidentenamt, darin besteht, dass der neue Staatschef als Oberbefehlshaber der Streitkräfte vom persönlichen Stabschef des bisherigen Präsidenten in die Prozedur des Codes zur französischen Atommacht eingeweiht wird. Derweil zogen sich Carla Bruni-Sarkozy, die bisherige „Erste Dame“ Frankreichs, und Valérie Trierweiler, die Lebensgefährtin Hollandes und neue „Première Dame“, zu einem Zwiegespräch zurück. Beim Abschied gaben sich Bruni und Trierweiler Wangenküsschen, während Hollande sich nach einem neuerlichen Händedruck sofort von Sarkozy abwandte und ihn allein mit seiner Frau über den roten Teppich davon gehen ließ. Sarkozy oder Jacques Chirac hatten ihre Vorgänger noch bis zu den auf sie wartenden Limousinen begleitet.

Hollande war offensichtlich darauf bedacht, schon bei seiner Amtseinführung den Bruch mit Stil und Politik seines Vorgängers zu demonstrieren. Das kam schon in der Organisation der Zeremonie zu seiner Amtseinführung zum Ausdruck. Während Sarkozy vor fünf Jahren einen Festakt inszenierte, zu dem auch Prominenz aus Kultur und Wirtschaft sowie Familienangehörige geladen waren, beschränkte sich Hollande auf die üblichen Repräsentanten des öffentlichen Lebens als Gäste – von Ausnahmen wie Mazarine Pingeot abgesehen, der Tochter des früheren sozialistischen Präsidenten Francois Mitterrand, auf den er sich als Vorbild beruft.

„Einfachheit“ war eines Schlüsselwörter der Rede, die er nach der Proklamation als siebter Präsident der Republik durch Jean-Louis Debré, den Präsidenten des Verfassungsrats, hielt. Ein anderes war „Vertrauen“. Nicht weniger als sechsmal kam es vor. Um Frankreich im „Geist der Gerechtigkeit“ wieder aufzurichten, brauche es „Befriedung“ und „Aussöhnung“, sagte er. Der Staat werde „beispielhaft“ und „unparteiisch“ handeln. „Ich werde die Prioritäten fixieren, aber nicht alles allein entscheiden“, versprach er in deutlicher Anspielung auf die Art, wie der als „Omnipräsident“ kritisierte Sarkozy sein Amt fünf Jahre lang führte.

Auch in der Europapolitik setzte er sich von Sarkozy ab, als er sagte, er wolle Europa einen „neuen Weg“ zeigen. Er erneuerte die Forderung aus seinem Wahlkampf, mit der er am Abend Bundeskanzlerin Angela Merkel bei seinem Antrittsbesuch in Berlin zu konfrontieren gedachte: „Um die Krise zu überwinden, braucht Europa Projekte, Solidarität und Wachstum. Unseren Partnern werde ich einen neuen Pakt vorschlagen, der die notwendige Verminderung der öffentlichen Schulden mit unerlässlichen ökonomischen Anreizen verbindet.“

Einen weiteren unüberhörbaren Seitenhieb auf seinen Vorgänger leistete sich Hollande am Schluss seiner Rede, als er die Verdienste früherer Präsidenten würdigte – die Erneuerung der Größe Frankreichs unter Charles de Gaulle, die industrielle Modernisierung unter Georges Pompidou, die institutionellen Reformen unter Valéry Giscard d'Estaing, die soziale Gerechtigkeit unter Francois Mitterrand, die Bekräftigung der Werte der Republik unter Jacques Chirac. Für Sarkozy äußerte er nur „Wünsche“ für das Leben, das jetzt vor ihm liege.

Dann folgte die erste Dusche seiner Amtszeit. Als Hollande nach dem Abschreiten der militärischen Ehrenformation im Park des Elysée-Palastes, der Marseillaise und den 21 Böllerschüssen das Auto bestieg, das ihn zur Kranzniederlegung am Triumphbogen bringen sollte, begann es zu regnen. Doch er ließ sich nicht beeindrucken. Im offenen Auto stehend fuhr er in dem immer stärker werden Regen nach allein Seiten lächelnd und winkend die Champs-Elysées hinauf, absolvierte völlig durchnässt die Zeremonie – und nahm dann auch noch ein Bad in der unter Regenschirmen auf den neuen Präsidenten wartenden Menge.

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