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Ein Kämpfer auf Seiten der Rebellen im Jemen.
© AFP

Jemen: Ein Land zerfällt

Im Jemen starben in 24 Stunden 94 Menschen. Es gibt keinen sicheren Ort mehr im Land. Das ohnehin sehr arme Land zerfällt. Hilfsorganisationen schaffen es kaum, Hilfsgüter ins Land zu bringen.

Im Jemen herrscht offener Krieg. Bei den jüngsten Kämpfen im Süden sind fast hundert Menschen getötet worden. Besonders in der südlichen Hafenstadt Aden gab es am Montag heftige Gefechte. Insgesamt wurden binnen 24 Stunden 94 Tote gemeldet. Unter den Opfern der Gefechte seien auch 17 Zivilisten, sagte ein Arzt der Nachrichtenagentur AFP.

Seit Tagen fliegt eine arabische Militärallianz unter der Führung von Saudi-Arabien Angriffe gegen Stellungen der schiitischen Huthi-Miliz. Damit unterstützen sie den gewählten Staatschef Abed Rabbo Mansur Hadi, der vor den Rebellen ins Ausland geflohen ist. Inzwischen wird fast überall im Land gekämpft – und immer häufiger kommen dabei Zivilisten ums Leben.

Erst vor wenigen Tagen starben Dutzende Menschen bei der Bombardierung einer Molkerei in der Hafenstadt Hodeida. Am Montag war sogar ein Flüchtlingslager an der Grenze zu Saudi-Arabien unter Beschuss geraten – mindestens 40 schutzsuchende Jemeniten starben. Nach Angaben des Kinderhilfswerks Unicef wurden allein in der vergangenen Woche 62 Kinder getötet und 30 weitere verletzt. „Wir fordern alle Konfliktparteien auf, das humanitäre Völkerrecht zu respektieren und solche Angriffe zu unterlassen“, sagt Julia Meixner, Programmdirektorin des Deutschen Roten Kreuzes in Beirut.

Doch derzeit sieht es nicht danach aus. Im Gegenteil. Die Kämpfe werden heftiger und treiben immer mehr Menschen in die Flucht. Doch es ist inzwischen fast unmöglich, Schutz zu finden. „Viele Einwohner haben die Hauptstadt Sanaa aus Angst um ihr Leben verlassen und sind in die Provinzen geflohen“, berichtet Matthias Leibbrand, Geschäftsführer der Hilfsorganisation Vision Hope International. „Doch dort ist es derzeit auch lebensgefährlich. Es gibt nirgends im Land sichere Orte.“

Afrikas Armenhaus

Das hat fatale Auswirkungen. Der Jemen galt schon vor den Kämpfen als Arabiens Armenhaus. Millionen Menschen, vor allem Kinder, sind extrem unterernährt, leiden unter Infektionskrankheiten und müssen versorgt werden. Aber das wird von Tag zu Tag schwieriger. Ausländische Mitarbeiter der Hilfswerke haben das Land verlassen, die freiwilligen einheimischen Angestellten sind oftmals ihres Lebens nicht sicher. Dem ohnehin zerfallenden Staat drohe ein Kollaps, warnt DRK-Mitarbeiterin Meixner – und betroffen sind in erster Linie jene, die dringend Unterstützung benötigen.

Auch die Vereinten Nationen (UN) sind mittlerweile alarmiert. In Aden, der zweitgrößten Stadt des Landes, kommt es nach Angaben der UN immer wieder zu Ausfällen bei der Strom-und Wasserversorgung. Nahrungsmittel werden zusehends knapper. „Die Wirtschaft kommt zum Erliegen, die Schulen sind geschlossen, die steigenden Opferzahlen überfordern das ohnehin marode Gesundheitssystem – es ist ein Drama“, sagt Matthias Leibbrand von Vision Hope. Und die militärische Auseinandersetzung zwischen der sunnitischen Allianz und den Huthis wird nach Einschätzung der Hilfsorganisationen alles noch schlimmer machen.

Dabei ist Leibbrand sehr skeptisch, ob Saudi-Arabien und seine Verbündeten das Land unter Kontrolle bekommen. Die Rebellen seien im Guerillakampf erfahren und würden sich vermutlich in schwer zugängliche Gebiete zurückziehen. „Schweres militärisches Gerät ist dort unbrauchbar“, sagt Leibbrand. Dem Land drohe damit ein langwieriger wie verlustreicher Krieg. Der Kampf werde solange dauern, „bis seine Ziele erreicht sind und der Jemen wieder zu Sicherheit, Stabilität und Einheit zurückgekehrt ist“, kündigt der saudische Außenminister Saud al Faisal an.

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