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Vereidigung von Rabbinern.
© Maciej Kulczynski/ dpa

Rabbiner in der Bundeswehr: Ein klares Bekenntnis zum jüdischen Leben in Deutschland

Deutschlands Armee bekommt wieder Rabbiner. Gut so! Wer den Kampf gegen den Antisemitismus ernst nimmt, muss auch ernst machen. Ein Kommentar.

Manche Meldung geht im Strom der Nachrichten unter – dabei ist das geradezu ungerecht, zumal wenn die Nachricht einmal etwas Positives bedeutet. Aus politischer und aus gesamtgesellschaftlicher Sicht. So wie zum Beispiel diese: Die deutsche Armee bekommt wieder Rabbiner. Zum ersten Mal seit 100 Jahren. Mitten hinein in den grassierenden Antisemitismus ein solches Zeichen – Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer sei Dank.

Sagen wir so: AKK nimmt nicht wie andere Kabinettsmitglieder für sich in Anspruch, „wegen Auschwitz“ in die Politik gegangen zu sein. Aber zum 75. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers im kommenden Jahr ist das eine gute Tat. Immerhin sehen die Katholiken, zu denen die CDU-Chefin als bekennende Christsoziale zählt, in den Juden nach einem Wort des vormaligen deutschen Papsts Benedikt XVI. ihre älteren Geschwister.

Ein klares Bekenntnis zum jüdischen Leben besteht nicht nur aus Worten

Ja, ein klares Bekenntnis zum jüdischen Leben in diesem Land besteht eben nicht nur aus Worten. Das Thema ernst nehmen heißt auch ernst machen. Rund 300 jüdische Soldaten sollen in der Bundeswehr gerade Dienst tun; es kann gut sein, dass Militärrabbiner in deren Reihen einigen mehr Mut machen. Angeregt hatte das Ganze schon vor der Amtsübernahme von AKK der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster. Er bat dieses Jahr öffentlich um Seelsorger für Juden, aber auch Muslime. Es sind 3000 Muslime in der Bundeswehr. Unter den rund 180.000 Soldaten dienen etwa 90.000 Christen, von evangelischen und katholischen Pfarrern betreut.

Juden in der deutschen Armee haben eine große Tradition

Juden in der deutschen Armee haben eine große Tradition. Während des Ersten Weltkriegs leisteten Zehntausende ihren Dienst, unter ihnen auch etliche Rabbiner, etwa der berühmte Leo Baeck. Er war seit 1912 Gemeinderabbiner in Berlin, ab 1913 auch Dozent an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums bis zu deren Schließung durch die Nazis im Juli 1942. Baeck war ab 1922 außerdem Vorsitzender des Allgemeinen Rabbinerverbands.

Der Leo-Baeck-Preis ist die höchste Auszeichnung des Zentralrats für die, die sich um die jüdische Gemeinde in Deutschland verdient gemacht haben. Angela Merkel ist unter den Preisträgern. Sollte Kramp-Karrenbauer ihr hier nachfolgen, wäre das aller Ehren wert. Und von bleibendem Wert - Kanzlerschaften dagegen vergehen. Der Staatsvertrag über die Militärrabbiner wird auf dem jüdischen Gemeindetag kommende Woche unterzeichnet. Wenn doch wahr würde, was Leo Baeck einmal gesagt hat: „Unser Glaube war es, dass deutscher und jüdischer Geist auf deutschem Boden sich treffen und durch ihre Vermählung zum Segen werden könnten.“

Stephan-Andreas Casdorff

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