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Spannungsreicher Besuch: Außenminister Gabriel traf Erdogan im Juni 2017 in Ankara.
© dpa

Spannungen zwischen Berlin und Ankara: Ein Jahr, ein zerrüttetes Verhältnis

Schon die deutsche Armenien-Resolution vom Juni 2016 empfand die Türkei als Provokation. Seither haben sich die Beziehungen stetig verschlechtert.

Es ist ein Jahr voller gegenseitiger Vorwürfe und Verhärtungen, das hinter den Akteuren in der Türkei und in Deutschland liegt. Viele Streitpunkte im Verhältnis der Politik beider Länder hatten sich angehäuft, bevor der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) am Donnerstag eine "Neuausrichtung" der Beziehungen zum Nato-Partner verkündete. Und die meisten der Konflikte sind bisher nicht gelöst.

Vor zwölf Monaten erlebte die türkische Seite im Verhältnis zu Deutschland eine große Enttäuschung: Präsident Recep Tayyip Erdogan und seine Mitstreiter hatten nach dem Militärputsch im Juli 2016, bei dem auch der Präsident verhaftet werden sollte, auf emotionalen Zuspruch und hochrangigen Besuch aus Berlin gewartet. Stattdessen hörten sie Mahnungen, die türkische Regierung müsse beim Vorgehen gegen die Putschisten die Verhältnismäßigkeit wahren. Zwar waren die Mahnungen durchaus berechtigt, denn Erdogan nutzte die Niederschlagung des Putsches dazu, auch andere politische Gegner zu beseitigen und seine Macht rücksichtslos auszubauen. Doch die Berliner Regierung hält es inzwischen selbst für einen Fehler, damals nicht die Chance genutzt zu haben, deutlicher um die Opfer des Putsches zu trauern und den Partner in Ankara an sich zu binden.

Streit um Incirlik und Konya

Nur einen Monat vor dem Putsch, im Juni 2016, hatte der Bundestag den Massenmord an den Armeniern im Osmanischen Reich als „Völkermord“ eingestuft und die türkische Regierung damit so massiv verärgert, dass sie zeitweise ihren Botschafter abzog. In der Folge verbot Ankara Bundestagsabgeordneten den Besuch deutscher Soldaten auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik. Nach langem Streit beschloss Berlin, die Soldaten abzuziehen und nach Jordanien zu verlegen. Auch einen Besuch von Parlamentariern auf dem Nato-Stützpunkt Konya verhindert die Türkei wegen der angespannten Beziehungen.

Ankara verlangt von Deutschland die Auslieferung ranghoher türkischer Militärs, die es als Putschisten und Anhänger der Gülen-Bewegung bezeichnet. Die Bundesregierung lehnt das mit dem Hinweis ab, die Exekutive werde sich nicht in Entscheidungen über Asylverfahren einmischen – ein Argument, das der türkischen Regierung offenbar nicht einleuchtet. Erdogan selbst wirft Deutschland vor, es dulde mit der kurdischen Untergrundorganisation PKK Terroristen im Land. Tatsächlich ist die PKK hierzulande verboten. Auch fordert der Nato-Partner von der Bundesrepublik, gegen echte oder vermeintliche Gülen-Anhänger auf deutschem Boden vorzugehen. Dazu werden sogar Listen übergeben, die auch die Namen großer deutscher Firmen enthalten.

Erdogan und die "Nazi-Methoden"

Die Bundesregierung kritisierte umgekehrt Verhaftungs- und Entlassungswellen unter Erdogan-Gegnern und warnte vor dem Umbau zu einem Präsidialsystem. Darüber ließ Erdogan im April 2017 abstimmen und gewann das Referendum knapp. Als im Vorfeld der Abstimmung deutsche Kommunen mehrere Auftritte türkischer Politiker untersagten, sprach Erdogan von "Nazi-Methoden". Die Gängelung und Verhaftungen von Journalisten und die Schließung von Zeitungen in der Türkei hatte Berlin schon gebrandmarkt, als von diesen Repressionsmaßnahmen noch keine Deutschen betroffen waren. Dann traf es im Februar den deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel. Kein Berliner Appell half – er sitzt weiter in Haft.

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