Letzte TV-Debatte der Republikaner: Ein Gespräch im Haus der Republikaner über den abwesenden Donald Trump
Einwanderungspolitik, staatliche Subventionen - bei der letzten TV-Debatte der Republikaner wurde es noch mal richtig politisch. Denn Donald Trump war nicht dabei. Er hatte fünf Millionen Dollar verlangt.
In der Nacht zu Freitag bekamen die Zuschauer zumindest eine Ahnung, wie die republikanischen Fernsehdebatten verlaufen wären ohne den Meister der Ablenkung von jeglicher politischer Substanz. Auch Republikaner, das ließ sich erkennen, haben, erstens, allen Grund und, zweitens, durchaus die Fähigkeit, über Inhalte zu streiten: zum Beispiel die Einwanderungspolitik oder die Frage, ob die Subventionen für die Umwandlung von Mais in Ethanol als einen angeblich umweltfreundlichen, weil nachwachsenden Energieträger sinnvoll sind.
Das war dem Umstand zu verdanken, dass der in den Umfragen führende Präsidentschaftsbewerber Donald Trump sich geweigert hatte, an der siebten Debatte teilzunehmen – in einer Mischung aus einer persönlichen Fehde mit der Moderatorin Megyn Kelly und einer Machtprobe mit dem mächtigen Fernsehsender Fox. Trump hatte verlangt, dass Kelly dieses letzte Aufeinandertreffen der konservativen Kandidaten, ehe am Montag die Vorwahlen in Iowa beginnen, nicht moderieren solle. Fox lehnte das ab. Nach eigenen Angaben weigerte sich der Sender auch, dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten Spenden in Höhe von fünf Millionen Dollar für seine Teilnahme an der TV-Debatte zu zahlen. Das Geld sollte an Trumps Stiftungen gehen. Trump sagte seine Teilnahme an der Debatte ab und lud stattdessen zu einer eigenen Veranstaltung ein, bei der er Spenden für Veteranen sammeln wollte: ebenfalls in Des Moines, der Hauptstadt von Iowa, rund fünf Minuten Autofahrt vom Ort der Debatte.
Das war die authentischere Anordnung: Trump konnte auf seiner Bühne die gewohnte Ego-Show abziehen. Er behauptete zum Beispiel, dass er an diesem Abend sechs Millionen Dollar für Amerikas Ex-Soldaten gesammelt habe – was auf die Schnelle niemand nachprüfen kann. Die übrigen Bewerber bemühten sich auf der anderen Bühne der Stadt, zumindest ein bisschen über Politik zu reden. Dabei zeigte sich freilich, wie sehr der Trump-Stil abgefärbt hat. Mehrfach glich die TV-Debatte einem Gespräch im Haus der Republikaner über den abwesenden Herrn Trump. Moderatorin Kelly nannte ihn „den Elefanten im Raum“.
Ted Cruz, der erzkonservative Senator aus Texas und zweite in den Umfragen, wurde durch Donalds Fehlen zum „Front Runner“ dieser Anordnung. Er bekam die Eingangsfrage und nutzte sie zu einer kurzen Persiflage auf Trumps Neigung, andere herabzusetzen. Normalerweise wären schon jetzt die ersten Vorwürfe gefallen: Cruz ist „besessen“, alle anderen auf der Bühne sind „Blödmänner“ und Ben Carson, der als herausragender Mediziner gilt, ist „nur ein mittelmäßiger Arzt“.
Ausweichende Antworten zu den Konfliktthemen
Wirklich gehaltvoll wurde die Debatte natürlich nicht. Sie ähnelte nun aber mehr dem aus früheren Jahren gewohnten Schema. Die Moderatoren stellen zugespitzte Fragen, die auf potenzielle Konfliktthemen zwischen den Kandidaten zielen. Und die bemühen sich um ausweichende Antworten, mit denen sie ihre jeweiligen Wähler umgarnen. Zum Beispiel Cruz. Er hatte die Subventionen für die Umwandlung von Mais in Ethanol in Frage gestellt, was in Iowa riskant ist, da der Maisanbau hier zu den Hauptertragsquellen zählt. Nun behauptete er, ihm sei es darum gegangen, dass die Regierung generell nicht so viele Vorgaben machen solle. Er sei ebenso gegen die Vorschrift, die den Anteil des Ethanols im Benzin begrenze – was freilich nicht der Marktregelung dient, sondern Motoren, die kein reines Ethanol vertragen, vor Schäden schützen soll. „Ich werde diese Mauer gegen die Ethanol-Zumischung einreißen“, buhlte er um die Gunst der Branche.
Und natürlich waren Angriffe auf Hillary Clinton ein beliebter Mechanismus, um unangenehmen Themen auszuweichen. Marco Rubio und Chris Christie sagten, sie sei „nicht vertrauenswürdig“ und brachten ihre „Email-Affäre“ zur Sprache: die offizielle Untersuchung ihres Umgangs mit Dienst-Emails als Außenministerin, die sie verbotenerweise über ihren privaten Server laufen ließ.
Doppelzüngigkeit in der Frage der illegalen Einwanderer
Bei der Immigrationspolitik wurde das politische Doppelspiel sichtbar. Alle Kandidaten wissen, dass die im Wahlkampf gerne beschworene „Deportation“ keine Lösung für die mehr als elf Millionen illegalen Einwanderer im Land ist, auch wenn Republikaner-Fans das gerne hören. Sie alle haben zum einen oder anderen Zeitpunkt ihrer Karriere pragmatische Vorschläge gemacht, unter welchen Auflagen die Illegalen ihren Aufenthalt legalisieren können, ohne abgeschoben zu werden. Im Wahlkampf wollen sie ungern daran erinnert werden, da die Scharfmacher solche Vorschläge als unerträgliche „Amnestie“ von Verbrechern verleumden.
Marco Rubio warf Ted Cruz vor, der habe „die ganze Kampagne auf einer Lüge aufgebaut“. Auch Cruz sei früher für eine Kompromisslösung gewesen und gebe nun den Unerbittlichen. „Cruz tut so, als seien alle außer ihm für Amnestie“, verstärkte Rand Paul, Senator aus Kentucky, den Angriff. „Junge, Du hast ein Problem mit der Glaubwürdigkeit.“
Jetzt haben die Wähler das Wort
An der Glaubwürdigkeit ihrer Positionen im Wahlkampf für „Joe Avarage“, den Durchschnittsamerikaner, müssen sie alle noch ein bisschen arbeiten. Die Debatte ohne Trump war ein kleiner Trippelschritt in diese Richtung. Wem die neue Versuchsanordnung genutzt und wem sie geschadet hat, wird sich nicht so leicht herausfinden lasen. Für belastbare Umfragen, die das vor der ersten Vorwahl am Montag testen, ist die Zeit zu knapp. Jetzt haben die Wähler das Wort. Zumal für Trump wird der Montag zum Moment der Wahrheit. Ist er nur ein Meister der Show? Oder kann er seine Anhänger dazu bewegen, ihre Stimme abzugeben?