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Ein Häftling in Guantanamo in Fußschellen ist auf einem am 27.04.2010 von der US-Armee herausgegebenes Archivfoto zu sehen.
© dpa

Bericht zu Foltermethoden der CIA: Ein Erbe, das überwunden werden muss

Schlafentzug, Eiswasser, Fesselung in schmerzhaften Positionen, Entwürdigung: Der Bericht zu den Foltermethoden der CIA enthält Bekanntes. Trotzdem wirkt er als Mahnung und übt Druck aus, das Erbe der Regierung Bush/Cheney zu überwinden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Öffentlich Rechenschaft ablegen, was die Staatsmacht im Namen der Bürger falsch gemacht und wo sie Unrecht begangen hat – das gehört zum Kern von Demokratie und Rechtsstaat. Es geht um die Kontrolle der Mächtigen und der Geheimdienste, um Transparenz und Wahrhaftigkeit. Die USA haben das nun mit Blick auf ein düsteres Kapitel getan: die Methoden der Terrorabwehr in der Zeit nach dem 11. September 2001.

Ein Vorzeigebeispiel für die funktionierende Kontrolle der Gewalten ist die Veröffentlichung des Untersuchungsberichts aber nicht. Sie kam spät und gelang erst nach Überwindung beträchtlicher Widerstände der Geheimdienste und der Republikaner, die damals das Land regiert hatten und die für die Übergriffe verantwortlich waren.

Überraschungen waren von den 524 Seiten nicht zu erwarten. Die Vorwürfe sind seit langem bekannt. Amerika hat hochprofessionelle Medien, um deren investigative Fähigkeiten die Europäer das Land beneiden können. Sie hatten seit Jahren detailliert über Folter und Misshandlungen informiert. Die Veröffentlichung ist zudem die Kurzfassung eines 6200 Seiten starken Berichts des zuständigen Senatsausschusses, über dessen Erkenntnisse die Medien schon breit berichtet hatten, obwohl er offiziell nicht öffentlich tagt.

Doch nun ist es offiziell: Die CIA hat gegen einzelne Terrorverdächtige Waterboarding angewandt, um Aussagen aus ihnen herauszupressen, ob weitere Anschläge geplant seien. Diese Methode, die beim Opfer das Gefühl des Ertrinkens heraufbeschwört, halten die meisten Fachleute für Folter, also für verboten. Der damalige Präsident George W. Bush, sein Vize Dick Cheney und ihre willigen Helfer behaupten, Waterboarding sei eine zwar harte, aber gerade noch legale Verhörmethode. Dass sie sich noch immer nicht korrigieren wollen, ist traurig. Bereits der Präsidentschaftswahlkampf 2008 hatte gezeigt, dass nicht alle Republikaner so verbohrt sind. Barack Obamas konservativer Gegenkandidat John McCain war damals der glaubwürdigste Kronzeuge gegen Bush & Co. Er war als Kampfpilot im Vietnamkrieg abgeschossen und in Kriegsgefangenschaft gefoltert worden. Folter bringe nichts, sagte er, schon gar keine glaubwürdigen Informationen, denn Gefolterte erzählten alles Mögliche, damit nur der Schmerz aufhöre.

Einzelne Teile sind bis heute in Betrieb, wie das Lager Guantanamo

Die CIA und andere US-Dienste haben zudem viele Gefangene mit fragwürdigen Methoden misshandelt - Schlafentzug, Eiswasser, Fesselung in schmerzhaften Positionen, Entwürdigung - und den angeblichen Erkenntnisgewinn aus solchen Verhören übertrieben. Und sie haben versucht, ein internationales System der Geheimgefängnisse und Verhörorte zu schaffen, das sich der Rechtsordnung entzieht. Auf Betreiben amerikanischer Menschenrechtsorganisationen und Anwaltsverbände hat der Oberste Gerichtshof viele Elemente dieses unter Bush und Cheney eingerichteten Systems für verfassungswidrig erklärt. Einzelne Teile sind jedoch bis heute in Betrieb, wie das Lager Guantanamo.

Auch wenn der Bericht spät kommt und kaum Neues enthält: Er wirkt als Mahnung und übt Druck aus, dieses Erbe zu überwinden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Polen für die Kooperation mit der CIA zu Schmerzensgeld an Opfer verurteilt. Gäbe es ähnliche Urteile zu Schuld und Sühne in Amerika, würde das Leugnen schwieriger.

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