SPD-Fraktionschef Mützenich: Ein Chef, der nicht am Zaun rüttelt
Er wird von allen Strömungen in der SPD geschätzt. Nun führt der bisherige kommissarische Vorsitzende Rolf Mützenich die Fraktion auch offiziell.
Es gibt unterschiedliche Wege, wie Politiker zu Macht kommen. Die einen rütteln am Zaun des Kanzleramtes. Andere landen an der Spitze, obwohl sie nicht vor Ehrgeiz brennen und nicht jeden Tag rastlos an ihrem Weiterkommen feilen. Zu letzteren gehört Rolf Mützenich, der seit Dienstag nun auch offiziell die SPD-Bundestagsfraktion führt. 97,7 Prozent Zustimmung sind ein eindrucksvoller Vertrauensbeweis.
Nach dem Rücktritt von Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles hatte der 60-jährige Abgeordnete aus Köln Anfang Juni kommissarisch den Fraktionsvorsitz übernommen. Zwei Gründe sprachen für ihn: Der promovierte Politikwissenschaftler war der am längsten amtierende Fraktionsvize. Und der Vertreter des linken Parteiflügels hatte bei den fraktionsinternen Wahlen stets beste Ergebnisse erzielt, weil er wegen seiner Bescheidenheit, Verlässlichkeit und Fairness von allen Strömungen in der SPD geschätzt wurde und wird. Kaum jemand unterstellt ihm eine persönliche Machtagenda.
In diesem Sinne führte der profilierte Außenpolitiker nach seinem Amtsantritt die Fraktion – integrativ, offen, zuhörend. Zugleich setzte er deutlich links-sozialdemokratische Akzente. So kritisierte er in der Bundestagsdebatte nach der Amtseinführung von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) das von ihr vertretene Zwei-Prozent-Ausgaben-Ziel der Nato für Rüstungsausgaben als einen „Tanz um das Goldene Kalb“. Auch Kramp-Karrenbauers Begriff von Sicherheitspolitik stellte er unter dem Beifall seiner Fraktion infrage: Mehr Geld, militärische Stärke und Abschreckung seien doch arg verengte Begriffe, das Verständnis der SPD breiter.
Auf der anderen Seite loben auch Unionspolitiker die Zusammenarbeit mit dem kommissarischen SPD-Fraktionschef vom linken Flügel seiner Partei. Der zeigte Pragmatismus, als er kürzlich seinen Widerstand gegen eine Verlängerung des Irak-Mandats der Bundesregierung aufgab. Mützenich gilt als leiser, aber hartnäckiger Verfolger seiner politischen Ziele. So hatte er etwa in den Koalitionsverhandlungen die sogenannte Jemen-Klausel durchgesetzt, wonach Beteiligte am Krieg in dem arabischen Land keine deutschen Waffen erhalten sollen. Die Arbeit der großen Koalition hält Mützenich im Gegensatz zu vielen anderen SPD-Linken für wichtig. Die Partner hätten vor der Entscheidung über die Fortsetzung des Bündnisses „den Korb gut gefüllt“, sagte er im Sommer.
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