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Gegnerinnen im Duell: Julia Klöckner (CDU) und die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) vor der Sendung im SWR.
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TV-Duell vor Landtagswahl in Rheinland-Pfalz: Dreyer: Klöckner fällt Kanzlerin in den Rücken

Im einzigen direkten Aufeinandertreffen von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und Herausforderin Julia Klöckner (CDU) greift die Amtsinhaberin ihre Kontrahentin überraschend scharf an.

Die Flüchtlingsfrage hat auch das einzige direkte Duell zwischen der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und ihrer CDU-Herausforderin Julia Klöckner vor der Landtagswahl am 13. März bestimmt. Dabei griff Dreyer ihre Kontrahentin überraschend scharf an. Die Sozialdemokratin warf Klöckner vor, der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Flüchtlingsfrage „in den Rücken zu fallen“. Merkel habe recht, sagte Dreyer, wenn sie konsequent auf eine europäische Lösung setze. „Ich stehe näher an der Kanzlerin.“ Klöckner verrate diese Politik mit immer neuen Vorschlägen wie den nach Tageskontingenten. Klöckner sagte, sie stehe eng an der Seite Merkels.

Gleich zu Beginn der Debatte hatte Moderator Fritz Frey die CDU-Landeschefin gefragt, warum sie ausgerechnet den schärfsten Widersacher der Kanzlerin, Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) eingeladen habe, der eine Verfassungsklage gegen Merkels Politik angedroht habe. Klöckner sah darin keinen Widerspruch, sie sagte, Bayern mache einen tollen Job in der Flüchtlingsfrage und die Kanzlerin „hält Europa zusammen“. Auf die Frage, wie sie zur Klageandrohung stehe, schwieg Klöckner.

Sie warf Dreyer wiederum vor, die habe die Flüchtlingskrise verschlafen und wolle verhindern, dass es weitere Länder gebe, die man als sichere Herkunftsländer einstufe. Klöckner betonte, dass die Landes-CDU schon früh einen Flüchtlingsgipfel einberufen habe, man sei „der Motor“ gewesen, Dreyer konterte: „Da waren wir schon längst mit den Kommunen im Gespräch.“ Dreyer sagte, Rheinland-Pfalz setze auf freiwillige Rückkehr der Flüchtlinge, dies sei „besser, billiger und menschlicher“ als sie „bei Nacht und Nebel in Busse zu stopfen“.

Dreyer: Die AfD ist rechtsextrem

Es war das einzige direkte Aufeinandertreffen in diesem Wahlkampf. Ein zweites hätte es in der sogenannten Elefantenrunde kurz vor der Wahl geben sollen. Doch Dreyer hat ihre Teilnahme abgesagt mit der Begründung, mit der AfD setze sie sich nicht an einen Tisch. Erst war ihr Klöckner mit der Absage gefolgt, dann hat sie doch ihre Teilnahme zugesagt. Dreyer begründete ihre Absage auch gestern wieder damit, dass die AfD nicht auf dem Boden der Verfassung stehe und rechtsextrem sei. Klöckner warf ihr vor, sie kneife vor der inhaltlichen Auseinandersetzung und mache die AfD zu Märtyrern.

Sie kennen sich schon lange, aber im Wahlkampf meiden sie es, auch nur den Namen der Kontrahentin auszusprechen. Das Duell im Fernsehen ist das einzige direkte Aufeinandertreffen der beiden in diesem Wahlkampf.
Sie kennen sich schon lange, aber im Wahlkampf meiden sie es, auch nur den Namen der Kontrahentin auszusprechen. Das Duell im Fernsehen ist das einzige direkte Aufeinandertreffen der beiden in diesem Wahlkampf.
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Nie war die Ausgangslage für Julias Klöckners CDU so gut wie dieses Mal. Schon bei der letzten Wahl 2011 hatte sie Kurt Beck am Rande einer Niederlage. Am Ende fehlten 0,5 Prozentpunkte. Beck koalierte mit den Grünen und trat bald darauf aus gesundheitlichen Gründen zurück. Damals machte vor allem die Schuldenpolitik und der Skandal am Nürburgring, wo die SPD-Regierung mehr als 500 Millionen Euro Steuergeld versenkte, Beck schwer zu schaffen. Klöckner hatte genügend Angriffsflächen. Doch als Malu Dreyer übernahm, musste Klöckner ihre Taktik ändern, von Filz und Korruption redete sie nun nicht mehr, sondern sagte, Dreyer sei zwar neu, aber das alte System würde weiter bestehen. Dreyer wiederum hat ihr Kabinett neu aufgestellt, hat eine intensive Zusammenarbeit mir Brüssel aufgenommen, weil die dortige EU-Kommission das Vorgehen am Nürburgring scharf kritisiert und Wettbewerbsverzerrung gesehen hatte.

Gegner im Parlament. Julia Klöckner (vorn) fordert die rot-grüne Koalition heraus. Im Hintergrund die Grünen-Ministerin und Landeschefin Eveline Lemke (links) und Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD).
Gegner im Parlament. Julia Klöckner (vorn) fordert die rot-grüne Koalition heraus. Im Hintergrund die Grünen-Ministerin und Landeschefin Eveline Lemke (links) und Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD).
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Im Wahlkampf spielen die alten Themen wie Nürburgring, Frankfurt Hahn oder Flughafen Zweibrücken genauso wenig eine Rolle wie die hohen Schulden, die die SPD über Jahre unter Beck angehäuft hatte. Dreyer hat das Land hier auf einen neuen Weg geführt, hat Schulden abgebaut und neue Themen gesetzt: Demografie, Gesundheit, Bildung und die Digitalisierung des Flächenlandes sind einige davon. Trotzdem ist dieser Wahlkampf überlagert von dem Top-Thema Flüchtlinge.

Trotz hoher Beliebtheitswerte für Malu Dreyer lag die SPD vor einem Jahr knapp zehn Prozent hinter Klöckners CDU. Doch je näher die Wahl kommt, desto mehr schmilzt der Vorsprung. Mittlerweile sind es, je nach Umfrage, nur noch zwei bis vier Prozent. Die CDU liegt bei 35 bis 36, die SPD bei 32 bis 33 Prozent. Wenn die AfD, die wie die Grünen bei rund 9 Prozent liegt, in den Landtag als drittstärkste Partei einzieht, gibt es kaum eine Chance auf Zweierbündnisse. Rechnerisch ist Schwarz-Rot am wahrscheinlichsten, allerdings will die SPD eine solche Koalition unter allen Umständen vermeiden. Wenn sie doch eine solche Koalition eingehen würde, wäre Malu Dreyer ohnehin nicht dabei. Die SPD spekuliert eher auf eine Ampel, gemeinsam mit Grünen und FDP, die CDU würde eine Jamaika-Koalition ebenfalls mit den beiden kleinen Partnern eingehen.

Der SWR hat am Ende sein Testpublikum aus 75 Studiogästen gefragt, wer denn aus ihrer Sicht das Duell gewonnen habe. Repräsentativ für das Land ist diese Befragung allerdings nicht. 35 Prozent sagten Dreyer, 32 Prozent Klöckner und weitere 32 Prozent konnten sich nicht entscheiden.

Der Autor ist Redakteur für besondere Aufgaben im Tagesspiegel und begleitet die Politik in Rheinland-Pfalz seit 2010. Folgen Sie ihm auch auf Twitter.

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