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Der US-Präsidentschaftskandidat der Republikaner Marco Rubio (l) griff seinen Mitbewerber Donald Trump in einer CNN-Debatte mehrfach verbal an.
© dpa

TV-Debatte der Republikaner in Texas: Donald Trump wird vorgeführt

Marco Rubio und Ted Cruz greifen den „Frontrunner“ mit vereinten Kräften an, um seinen Aufstieg zu stoppen. Aber kommt das noch rechtzeitig? Ein Kommentar.

Sie hatten ihre zentralen Attacken offenkundig vorab geübt, und es hat geholfen. In der TV-Debatte der Republikaner in Texas in der Nacht zu Freitag war zu sehen, wie Donald Trump aussieht, wenn er hart angegriffen wird – und er sah nicht gut aus. Drei Tage vor den vorentscheidenden Vorwahlen in zwölf Bundesstaaten am Super Tuesday befinden sich Marco Rubio und Ted Cruz zwar ihrerseits in einem mitunter rücksichtslosen Wettbewerb um Platz zwei hinter Trump im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur. Sie stellten ihre Rivalität aber in dieser Debatte zurück und griffen Trump  mit vereinten Kräften an. So wurde der Schlagabtausch in Houston möglicherweise zu einem Wendepunkt im Präsidentschaftsrennen.

Marco Rubio teilte am kräftigsten gegen den Führenden der Umfragen aus, nannte ihn einen Bankrotteur, einen Schwindler und einen Mann, der sich als Verteidiger von US-Interessen darstelle, tatsächlich aber Jobs ins Ausland verlagere. „Wo wäre Donald heute, wenn er nicht 200 Millionen Dollar geerbt hätte? Wäre er vielleicht nur ein Straßenhändler von Uhren in Manhattan?“, spottete Rubio unter lautem Lachen des Publikums über Trumps Selbstdarstellung als erfolgreicher Businessman.

Das Erstaunliche war: Donald Trump hatte den Angriffen wenig entgegenzusetzen. Auf einmal wirkte er nicht mehr selbstbewusst und souverän. Man sah ihm an, dass er sich in einem solchen Schlagabtausch nicht sehr wohl fühlte. Zwar ging er zum Gegenangriff über und warf Rubio vor, dass der 44 Jahre junge Senator aus Florida „keine Ahnung von Wirtschaft“ habe.

Aber das letzte Wort behielt nicht Trump, sondern Rubio. „Ich habe in der Tat keine Ahnung davon, wie man vier Pleiten hinlegt“, konterte Rubio und hatte erneut den Applaus auf seiner Seite. Der Wortwechsel war eine Anspielung darauf, dass Trump mehrere Male den Gläubigerschutz gesucht hatte, den das amerikanische Konkursrecht anbietet, um seine Schulden zu einem Gutteil nicht zurückzuzahlen und seine Firmen vor dem Bankrott zu retten.

In einer Phase der Debatte gelang es Rubio sogar, die Erinnerung an seinen eigenen Debattenpatzer vor rund drei Wochen in New Hampshire in einen erfolgreichen Angriff auf Trump zu verwandeln. Damals hatte der mittlerweile aus dem Rennen ausgeschiedene Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, Rubio in Kreuzverhör-Manier scharf angegangen. Und Rubio fand keine andere Antwort, als einen kritischen Satz über Präsident Obama vier Mal nahezu wortgleich zu wiederholen. Es wirkte roboterhaft und auswendig gelernt.

In Houston vertauschten sich die Rollen

Nun, in Houston, vertauschten sich die Rollen. Rubio agierte wie Christie und Trump war das Opfer. Im Rückblick wirkte es wie eine sorgfältig aufgebaute Falle, die Rubio in der Vorbereitung auf diese Debatte geübt hatte. Und nun wartete er geduldig auf die Gelegenheit, sie zuschnappen zu lassen.

Dieser Moment kam, als Trump auf die Frage, was denn sein Plan für die Krankenversicherung sei, wenn er Obamas Gesundheitsreform rückgängig mache, eine vage Antwort gab. „Was ist Dein Plan?“, hakte Rubio nach. Trump wich erneut aus: „Ich würde verschiedene Versicherungsarten anbieten. So entstünde Wettbewerb, und das wäre eine schöne Sache.“ – „Er wiederholt sich“, warf Rubio ein. Und Trump nahm den Köder, wobei er die reinen Zahlen wie üblich übertrieb: „Wenn wir vom Wiederholen reden: Ich habe gesehen, wie er sich vor vier Wochen fünf Mal wiederholt hat.“ Darauf Rubio: „Und ich habe gesehen, wie du dich vor fünf Sekunden fünf Mal wiederholt hast.“ Abermals hatte er die Lacher auf seiner Seite.

Auch Ted Cruz, dessen Rhetorik durchaus gefürchtet wird, griff Trump mehrfach an. Er warf ihm vor, dass Trump keine Überzeugungen habe, kein richtiger Konservativer sei und keinen Respekt vor der Verfassung zeige. Trump tat so, als sei er schwer beleidigt worden und verlangte eine Entschuldigung von Cruz. Der verweigerte das: „Donald, ich werde mich nicht dafür entschuldigen, dass ich unsere Verfassung gegen Dich verteidige.

Trump versuchte die Angriffe als vorhersehbaren Versuch abzutun, ihn als den Favoriten zu stürzen. Er wehrte sich, wie er das bisher meist getan hatte, indem er seine Widersacher beleidigte. Er deutete auf Rubio und Cruz und sagte „Der hier ist ein Schmierenkomödiant. Und der da drüben ist ein Lügner.“ Trump nahm auch Zuflucht in seine übliche Selbstüberhöhung mit weit übertriebenen angeblichen Erfolgsdaten. „Ich habe eine Million in die Hand genommen und daraus zehn Milliarden Dollar gemacht“, behauptete er nach Rubios Spott über seine Business-Erfolge. Zu Cruz‘ Kritik an seiner fragwürdigen Verlässlichkeit als Konservativer sagte Trump: „Wir bauen eine neue Republikanische Partei auf, und viele neue Mitglieder werden sich anschließen.“

Trump bemühte sich auch, seine Wähler aus der Arbeiterschaft zu bedienen, die in der Globalisierung Angst um ihre Jobs haben. „Ich bin der Einzige hier auf der Bühne, der Leute angestellt und ihnen Arbeit gegeben hat“, prahlte der Immobilien-Tycoon. Doch Cruz warf ihm vor, illegale Einwanderer auf seinen Baustellen zu beschäftigen. Und Rubio kritisierte, dass Trump Billigarbeiter aus dem Ausland in seine Casinos hole, statt Amerikaner zu beschäftigen. Auch die Kleidung, mit der Trump seinen Namen vermarkte, lasse er im Ausland nähen. „Produziere sie hier in Amerika“, verlangte Rubio.

Trump bietet viele Angriffsflächen, das war schon lange offenkundig. Es gibt unzählige Arbeiter, die schlecht von ihm bezahlt wurden, und andere Opfer seiner Business-Praktiken. Unter dem Werbenamen Trump haben sich Amerikaner Hypothekendarlehen mit ungünstigen Kondition andrehen lassen. Es gibt zahlreiche Gerüchte über Trumps Verbindungen in die Mafia. Und da sind mehrere Pleiten seiner Projekte, die Zweifel an seinem angeblich untrüglichen Instinkt für gute Geschäfte wecken. Das Erstaunliche war, dass seine republikanischen Rivalen um die Präsidentschaftskandidatur diese Schwachstellen bisher kaum genutzt hatten.

Nach der Debatte in Houston stellen sich drei Fragen: Wird sein schlechter Auftritt seinem Ansehen schaden? Werden seine Anhänger sich davon beeindrucken lassen oder die Berichte darüber als Versuche der „Lügenpresse“ abtun, ihr Idol schlecht zu machen? Und kommt dieser vereinte Angriff auf Trump noch rechtzeitig oder bereits zu spät, um Wirkung vor dem Super Tuesday zu entfalten und zu verhindern, dass Trump sich einen schwer einholbaren Vorsprung bei den Delegierten für den Nominierungsparteitag sichert?

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