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Donald Trump: Ihm gefällt, was er sieht.
© REUTERS

Präsidentschaftswahlen USA: Donald Trump: Ihr gehört mir!

Donald Trump verführt die Republikaner: Einer nach dem anderen kippt um, biedert sich an. Selten zuvor wurde die Politik auf einen derart schäbigen Wesenskern reduziert. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Donald Trump ist ein Rassist. Er hetzt gegen Latinos und Muslime. Er verachtet Frauen. Seine Rhetorik pendelt zwischen Personalisierung und Polarisierung. Seine außenpolitischen Ziele sind von Protektionismus und Isolationismus geprägt. Ihn als Präsidenten im Weißen Haus zu haben – ausgestattet mit allen Befugnissen des mächtigsten Mannes der Welt -, wäre für Amerika eine Katastrophe und für den Rest der Welt ein Alptraum. Das sollte eigentlich Konsens sein.

Doch Macht korrumpiert. Jeder will an ihr teilhaben. Erfolg verscheucht Skrupel. Und dafür ist die Kandidatur Trumps ein ebenso illustres wie erschreckendes Beispiel. Das britische Magazin „Economist“ hat vor kurzem ein paar Zitate führender Republikaner über Trump aufgelistet. Als der noch wie ein krasser Außenseiter wirkte, also zu Beginn der Vorwahlen Anfang des Jahres, war die innerparteiliche Häme ungebrochen. Trump wurde als xenophob, bigott, narzisstisch und als „Krebsgeschwür des Konservativismus“ (Rick Perry, ehemaliger Gouverneur von Texas) charakterisiert.

Seitdem feststeht, dass Trump die Vorwahlen überraschend klar gewonnen hat und als Kandidat der Republikaner gegen Hillary Clinton um die Präsidentschaft kämpft, sind dieselben innerparteilichen Kritiker nicht etwa verstummt, sondern preisen ihn in höchsten Tönen. „Er ist einer der talentiertesten Menschen, der sich je ums Amt des Präsidenten beworben hat“, meint Perry. Rand Paul, Senator aus Kentucky, der Trump einen „Narzissten“ genannt hatte, verspricht dessen volle Unterstützung. Chris Christie, Gouverneur von New Jersey und ebenfalls ein scharfer Ex-Kritiker Trumps, sagt: „Es gibt niemanden, der besser dafür vorbereitet wäre, Amerika mit jener starken Kraft zu führen, die das Land nach Innen und in der ganzen Welt braucht.“

Die Reden von einst mutieren zum Geschwätz von gestern

Einer nach dem anderen kippt um, biedert sich an, wirft Urteilsvermögen und Maßstäbe über Bord, leckt den Speichel des großen Zampano. Selten zuvor wurde die Politik auf einen derart schäbigen Wesenskern reduziert. Wenn die Winde drehen, mutieren die Reden von einst zum Geschwätz von gestern. Charakterschwäche wird plötzlich als Anpassungsfähigkeit geadelt, Prinzipienlosigkeit als Flexibilität.

Dabei merken die Ranschmeißer gar nicht, dass sie durch ihr Verhalten die Elite-Verachtung Trumps und seiner Anhänger noch befördern. Die Art, wie sie ihm um den Hals fallen, bestätigt jedes seiner Vorurteile über sie. Käuflich, schwächlich, schäbig, nur auf den eigenen Nutzen bedacht: Ja, so sind sie wirklich. Ein Trauerspiel.

Und denke niemand, in den Medien ginge es anders zu. Frontalopposition ist schnell langweilig. Medien wollen immer etwas zu erzählen haben. Jede Talkshowrunde braucht mindestens einen Trump-Verteidiger. Nun denn: Vielleicht meint Trump ja gar nicht, was er sagt. Vielleicht verändert er sich im Amt. Vielleicht kommt er mit Wladimir Putin klar. Vielleicht sind die elf Millionen illegalen Migranten in den USA tatsächlich ein Problem. Vielleicht, könnte sein, und mal ganz originell gefragt: Wäre ein Präsident Trump denn wirklich so schlimm? Und schon schnellen die Quoten in die Höhe.

Nähe verblendet, anhaltende Nähe bewirkt erst Abstumpfung, dann Gewöhnung. Ein menschliches Phänomen, das lange genug auf der politischen Bühne steht, wird nach und nach immer gnädiger beurteilt. Das Böse hat eine kurze Verweildauer. Beim Stockholm-Syndrom entwickelt das Opfer ein positives Verhältnis zum Geiselnehmer.

Die bloße Zeit spielt Trump in die Hände. Seine Kandidatur verrät viel über die Mechanismen des politischen und medialen Betriebes. Der Erkenntnisgewinn wird freilich teuer erkauft durch Desillusionierung.

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