zum Hauptinhalt
Auch der spanische Fährschiff-Betreiber Balearia bewirbt sich um die Passage zwischen Miami und Havanna
© Getty/AFP

Fährschiffe zwischen USA und Kuba: Diplomatische Trippelschritte in der Karibik

Washington genehmigt die Fährschifffahrt zwischen Miami und Havanna. Die einstigen Erzfeinde USA und Kuba nähern sich allmählich an. Doch eine Auflösung des Handelsembargos ist nicht in Sicht.

Das politische Tauwetter zwischen den USA und Kuba hält an: Nach mehr als 50 Jahren lässt Washington erstmals wieder direkte Fährverbindungen nach Kuba zu. Das amerikanische Finanzministerium bestätigte am Dienstag, dass die Regierung bereits erste Lizenzen an Fährunternehmen für die Fahrt zwischen Miami und Havanna erteilt habe.

Mit der Erlaubnis der Fährschifffahrt nach Kuba geht die US-Regierung unter Präsident Barack Obama einen weiteren Schritt auf Havanna zu. Im Dezember letzten Jahres hatten Obama und der kubanische Staatschef Raul Castro zeitgleich bekannt gegeben, dass sie sich zukünftig für eine diplomatische Entspannung zwischen beiden Staaten einsetzen wollten. "Isolation hat nicht funktioniert. Es ist Zeit für einen neuen Ansatz", hatte Obama erklärt. Seitdem nähern sich die einstigen Erzfeinde einander in kleinen Schritten: Der Ankündigung der beiden Präsidenten folgte eine Gefangenenaustausch, bei dem die USA drei Mitglieder des kubanischen Spionage-Netzwerks "Cuban Five" freiließ. Kuba revanchierte sich daraufhin mit der Freilassung zweier US-Amerikaner, die ihrerseits wegen Spionageverdachts inhaftiert waren. Und damit nicht genug: Per Verordnung hob Obama erste Reisebeschränkungen sowie Behinderungen im Bankverkehr auf, an denen seine Vorgänger über Jahrzehnte festgehalten hatten.

Doch für das Verhältnis zwischen Kuba und den USA bedeutsamer als diese ersten diplomatischen Gehversuche ist die Ankündigung Obamas, Kuba von der Liste der Staaten zu nehmen, die in den Augen der USA den internationalen Terror unterstützen. Im Jahr 1982 ließ Präsident Ronald Reagan das Land auf die Liste setzen, da Staatschef Fidel Castro während dieser Zeit die Ausbildung von Rebellen in Zentralamerika unterstützte. Reagand zementierte dadurch die wirtschaftliche und politische Isolation Kubas. Ende 2014 empfahl das amerikanische Außenministerium Präsident Obama empfohlen, Kuba den Status als Terror-Unterstützer abzunehmen. Obama erklärte im April, er wolle diesem Rat folgen um so die Annäherung zwischen den beiden Ländern zu beschleunigen. Wenige Tage zuvor war es zwischen ihm und Raul Castro auf einer Konferenz in Panama zum historischen Handschlag gekommen.

Der US-Kongress blockiert die Aufhebung der Sanktionen

Jene öffentlichen Symbole der Entspannung verwundern umso mehr, da Washington sich noch bis vor wenigen Jahren hart gegenüber Kuba gab: Einen Tiefpunkt erreichte das amerikanisch-kubanische Verhältnis in den neunziger Jahren, als unter Bill Clinton zuerst der "Cuba Democracy Act" und im Jahr 1996 der "Helms-Burton-Act" vom Kongress in Washington verabschiedet wurde. Die Gesetze machten die Auflösung des Handelsembargos so gut wie unmöglich: So sollte eine Lockerung der Sanktionen erst erfolgen, wenn in Kuba freie und faire Wahlen abgehalten würden und das Land eine demokratische Staatsform annehme, in dessen Regierung kein Angehöriger des Castro-Clans säße. Clintons Nachfolger Bush hielt an den Sanktionen fest Der kubanische Staat beziffert den Schaden, der dem Land durch die US-Sanktionen entstanden sei, auf eine astronomische Summe von 1,126 Billionen US-Dollar (rund 1 Billionen Euro).

Barack Obama, der sich schon während seines Wahlkampfs im Jahr 2008 als pazifistisches Gegenstück zu seinem außenpolitisch aggressiven Vorgänger George W. Bush inszenierte, ist seit seinem Amtsantritt darum bemüht, sein Land den vermeintlichen Erzfeinden Kuba und Iran anzunähern. Für dieses "Legacy Building" erntete Obama in letzter Zeit vor allem von Seiten der konservativen Republikaner scharfe Kritik. Da die Republikaner jedoch sowohl den Senat, als auch das Repräsentantenhaus beherrschen, münzten sie ihre anfängliche Kritik an Obama in den letzten Jahren in eine politische Blockade-Haltung um. Eine Aufhebung der einst vom Kongress beschlossenen Sanktionen gegen Kuba bedarf jedoch einer erneuten Abstimmung der Volksvertreter. Die würde derzeit allerdings wohl klar gegen eine Auflösung des Embargos ausfallen. "Viele Kongressabgeordnete haben in ihren Heimatwahlkreisen Wähler mit kubanischen Wurzeln, auf die sie Rücksicht nehmen müssen und deshalb eine Aufhebung der Sanktionen ablehnen", analysiert Sascha Lohmann von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). Zwar könnte Obama eine diplomatische Entschärfung per Exekutiv-Anordnung erreichen. Doch stände eine solche Lösung auf wackligen Füßen: Ein möglicher Nachfolger Obamas könnte jede angeordnete Einigung auf gleiche Weise wieder rückgängig machen.

Hinter der Diplomatie stecken geostrategische Interessen der USA

Obwohl Washington die Annäherung an Kuba als Überwindung einer unzeitgemäßen Blockadehaltung verkauft, stehen hinter den diplomatischen Bemühungen geostrategische Interessen: Seit Jahrzehnten bewerten die teils sozialistischen Regierungen in Südamerika den Umgang der USA mit Kuba als westliche Arroganz. Washington ist derzeit daran gelegen, diese historischen Feinbilder zu revidieren. Besonders der bereits verstorbene venezuelanische Präsident Hugo Chávez und sein Nachfolger Nicolás Maduro kritisierten die US-Regierungen der Vergangenheit scharf. Genau an dieser Stelle setzen die amerikanischen Diplomaten nun an: "Eine Annäherung zwischen Washington und Havanna hätte auch zur Folge, dass Kuba in Zukunft weniger abhängig vom Öl aus Venezuela wäre. Daran ist Washington interessiert", sagt SWP-Stipendiat Lohmann.

Während sich das politische Amerika einer diplomatischen Kehrtwende gegenüber sperrt, hat sich die öffentliche Meinung in den letzten Jahren jedoch stark verändert: "Aktuelle Umfragen zeigen, dass junge Amerikaner dem Thema Kuba tendenziell entspannter begegnen als ihre Eltern", sagt Lohmann, "Denn sie haben weder den Kalten Krieg aktiv miterlebt noch den Putsch der Castros." Barack Obama regiert noch bis zum Jahr 2017, große Fortschritte wird er bis zum Ende seiner Amtszeit nicht mehr verbuchen können. Jedoch könnte sein Werben für eine diplomatische Abrüstung das Ende einer Eiszeit bedeuten.

Paul Middelhoff

Zur Startseite