Skandal um „Sea-Watch 3“: Dieses Spiel schadet der EU
Die Festnahme von Carola Rackete könnte die Wende im Flüchtlingsdrama bringen. Dafür ist Einsicht nötig, dass die Abschottung der EU zynisch ist. Ein Kommentar.
Das Drama um die „Sea-Watch 3“, das an diesem Wochenende seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht hat, ist nur das jüngste in einer längeren Reihe. Es könnte, immer schön nach den Regeln des antiken Theaters, auch den Umschwung, die Wende der Handlung bringen.
Wenn denn die handelnden Personen einsähen, dass das Spiel so nicht weitergeht: Schon wieder ein Flüchtlingsboot, schon wieder weigert sich eine unmittelbar betroffene Mittelmeeranrainerin, Italien, oft auch Malta, die Menschen aufzunehmen.
So sammeln jetzt sogar prominente deutsche Comedians Geld für die Kapitänin der Sea Watch, in Italien finden Regatten für Carola Rackete statt. Und am Ende entscheiden Europas wechselnd Willige, diesmal wohl Deutschland, Frankreich, Finnland, Luxemburg und Portugal, erneut zähneknirschend, das Problem unter sich aufzuteilen und sie aufzunehmen. Ausnahmsweise natürlich.
Der nötige Umschwung wäre: Eine Dauerlösung, um die wenigen Boat People, die es überhaupt noch schaffen, auf die willigen Länder in Europa zu verteilen, statt jedesmal wieder Zeit, Geld, Fantasie ins ewiggleiche Gezerre zu stecken. Und dabei grausame Bilder und jene Solidarisierung zu erzeugen, die sicher nicht im Sinne der EU waren.
Die EU-Politik müsste rational sein und erkennen, dass dieses Spiel ihr nur schadet. Es klang einmal nach einer zynisch-perfekten Lösung zum Aussperren weiterer Flüchtlinge: NGO-Rettung delegitimieren, die Crews vor Gericht bringen und das Sterben auf See wieder unsichtbar machen. Nun ist es sichtbarer denn je. Um mit Karl Kraus, einem modernen Klassiker zu reden: Der Skandal beginnt, wenn die Polizei ihn zu beenden versucht.