SPD, Grüne und Linke wollen "Superreiche" belasten: Die Vermögensteuer soll im Wahlkampf die Herzen wärmen
Corona ist teuer und wer soll's bezahlen? Unter dem Schlagwort "Lastenausgleich" ist eine alte Idee wieder da - und ihre immer noch aktuellen Probleme. Eine Kolumne.
Wer zahlt für Corona? Diese Frage zu stellen, erscheint angesichts der vielen Kranken und Sterbenden zynisch. Doch fünf Monate vor der Bundestagswahl ist es wichtig zu wissen, wie sich die Parteien die Sanierung der Staatsfinanzen vorstellen. Und da nimmt ein Begriff verdächtig Fahrt auf: Es müsse ein Lastenausgleich stattfinden, sagen die Grünen, die Linke und die Sozialdemokraten.
Und sie haben Recht: Die Hoffnung, dass die zusätzliche Verschuldung allein über Wirtschaftswachstum oder Inflation relativiert wird, wird sich kaum erfüllen. Dafür allerdings die gute alte Vermögensteuer wieder aus dem Hut zu ziehen, wird auch nicht klappen.
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Lastenausgleich. Das klingt wie Nachkriegszeit, Vertriebenenpolitik und Nissenhütte. Die Lastenausgleichsabgabe nach dem Zweiten Weltkrieg kam Vertriebenen und Kriegsgeschädigten zugute, erhoben wurde sie bei denen, deren Vermögen nicht gelitten hatte. Das waren vor allem Immobilien- und Landeigentümer. Die zahlten eine Vermögensabgabe von bis zu 50 Prozent in den Fonds, verteilt über 30 Jahre.
Die Sache klingt spektakulär, war aber ziemlich erträglich: Denn erstens zog in den 1970er Jahren die Inflation an und entwertete die Ratenzahlungen zügig. Und zweitens ließ sich die Sonderbelastung angesichts spektakulärer Wachstumsraten verkraften: Zwischen 1950 und 1960 wuchs das Bruttoinlandsprodukt im Schnitt um 8,2 Prozent.
Nur für Superreiche! Aber dann kommt nicht genug Geld zusammen
Heute wird das nicht mehr funktionieren. Mit der gut klingenden Vokabel Lastenausgleich ist nichts anderes als die Wiedereinführung der Vermögensteuer gemeint. Die wird seit 1997 nicht mehr erhoben, weil es bisher keine Form dafür gibt, die verfassungsfest ist und gleichzeitig hohe Einnahmen bringt. Selbst wenn man sie, wie SPD, Grüne, und Linke vorhaben, für sehr oder Superreiche wieder einführen würde, bekäme man nicht genug Geld zusammen, um die Staatsverschuldung deutlich zu reduzieren.
Schlimmer noch: Wenn das Geld ausdrücklich gefordert würde, um die Corona-Lasten zu tilgen, müssten dann nicht auch die zahlen, die weniger reich sind, aber in der Krise ebenfalls materiell nicht gelitten haben? Rentner, Beamte, Bau- und Facharbeiter in der Industrie, Lebensmitteleinzelhändler, Medizintechnikkonzerne? Nur dann käme eine ordentliche Summe zusammen, wäre es gerecht. Aber mit so einem Vorschlag in die Wahl zu ziehen, traut sich nicht einmal die Linke. So wärmt das Thema Vermögensteuer zwar im Wahlkampf die Herzen. In der Wirklichkeit aber wird sie auch künftig keine Rolle spielen.