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Großbritanniens Premierminister Boris Johnson.
© AFP/ Oli Scarff

Brexit-Gespräche mit der EU: Die Verhandlungen dienen Johnson nur als Fassade

Ob es einen Deal mit der EU gibt, ist dem britischen Premier Johnson letztlich egal. Ihm geht es um den Erfolg bei den Neuwahlen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Boris Johnson setzt sein zynisches Spiel fort. Der britische Premierminister hat nun Vorschläge für Verhandlungen in Brüssel vorgelegt, die einem geregelten Brexit den Weg ebnen sollen. Doch man sollte sich nicht täuschen: Johnsons Vorschläge taugen nicht dazu, einen neuen Ausweg aus dem Brexit-Irrgarten zu weisen. Sie dienen vielmehr einem Ziel - dem Machterhalt des skrupellosen Regierungschefs.

Entgegen allen Ratschlägen wohlmeinender Berater hat Johnson nach seiner Amtsübernahme im Juli darauf gepocht, dass die Garantieklausel für Nordirland im EU-Austrittsvertrag wegfallen müsse. Für Irland und die übrigen EU-Länder ist das aber nicht akzeptabel, weil diese Klausel den Frieden in der früheren Bürgerkriegsregion sicherstellt. Trotz aller Finten, mit denen Johnson in seinem jüngsten Verhandlungsangebot Grenzkontrollen möglichst ausschließen will, bleibt es dabei, dass nach seinem Plan Kontrollen irgendwo auf der irischen Insel unerlässlich wären. Der EU wird also kaum etwas anderes übrig bleiben, als Johnsons Vorschlag abzulehnen.

Dass Johnson den Menschen auf der irischen Insel wieder Grenzkontrollen zumuten möchte, belegt auch, dass er nicht verstehen will, welches Trauma der Bürgerkrieg in Nordirland bis heute zurückgelassen hat. Kontrollen jedweder Art wecken bei den Menschen in der Region zwangsläufig böse Erinnerungen an die Zeit vor dem Friedensabkommen von 1998. Aber für einen Populisten wie Johnson, der sich vor allem auf seine Machtbasis in England stützt, sind die Sorgen der Menschen in Nordirland nur eine Nebensache.

Ihm geht es vor allem darum, seinen Erfolg bei den anstehenden Neuwahlen zu sichern. Dabei ist ihm jedes Mittel recht. Notfalls will es Johnson sogar auf einen ungeregelten Brexit am 31. Oktober ankommen lassen. Wenn der Brexit in vier Wochen - wie auch immer - vollzogen würde, könnte er dann nach seiner Lesart bei den anschließenden Wahlen der erstarkenden Brexit-Partei das Wasser abgraben.

Johnson betreibt ein perfides Spiel mit dem Unterhaus

So gesehen, dienen die Verhandlungen mit Brüssel dem Premierminister nur als Fassade. Johnsons aktueller Vorschlag, bei dem zahlreiche untaugliche Londoner Ideen zur Lösung des Nordirland-Problems wieder aufgewärmt werden, ist letztlich an die eigene Parteibasis gerichtet. Falls die Brexit-Gespräche in Brüssel kein Ergebnis bringen sollten, möchte Johnson anschließend der EU den schwarzen Peter zuschieben.

Ein ähnlich perfides Spiel betreibt Johnson auch mit dem Unterhaus. Damit ihm die Abgeordneten bei seinem Brachialkurs nicht mehr in die Quere kommen, möchte er das Parlament in der kommenden Woche bis zur Thronrede am 14. Oktober erneut in eine Zwangspause schicken. Gegen eine einwöchige Parlamentspause, die sich durchaus im Rahmen des Üblichen bewegt, wäre diesmal rechtlich kaum etwas einzuwenden. Umso mehr wird der Hausherr in der Downing Street versucht sein, die Abgeordneten ein zweites Mal mundtot zu machen.

Bekanntlich haben die Abgeordneten ein Gesetz verabschiedet, das einen No-Deal-Brexit im Fall eines Scheiterns der Verhandlungen in Brüssel ausschließen soll. Angesichts seiner Ankündigung, dass er lieber „tot im Graben“ liegen wolle, als das Gesetz zu vollziehen, wird man sich darauf einstellen müssen, dass Johnson zumindest den Versuch unternehmen wird, das Anti-No-Deal-Gesetz zu umgehen. Es wird in den kommenden vier Wochen an den vernunftgeleiteten Kräften im Parlament und in der Justiz liegen, um Johnson auf seinem Irrsinns-Kurs zu stoppen.

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