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Nur in Ostdeutschland verwurzelt. Die rechtsextreme NPD ist in vielen Regionen fest verankert und hofft auf Erfolge bei Landtagswahlen.
© dpa

NPD-Verbot: Die Verfassungsrichter sind zuversichtlich

Für das Verfahren zum NPD-Verbot gibt es enge Kriterien. Lesen Sie hier, welche das sind. Die rechtsextreme Partei befindet sich in leichtem Aufschwung.

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, im März über das Parteiverbot gegen die rechtsextreme NPD zu verhandeln, ist in der Politik auf Zustimmung gestoßen. Viele Länder-Innenminister, die das Verbot maßgeblich auf den Weg gebracht hatten, sehen darin ein hoffnungsvolles Zeichen. Gleichwohl bleibt Skepsis, wie das Urteil ausfällt. Der früheren Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) spricht von „veränderten Umständen“, weil die NPD auch auf Pegida und ihre Ableger Einfluss nehmen könne. Bundestagspräsident Norbert Lammert sprach sich gegen eine Beteiligung des Bundestags an dem Verfahren aus, weil dies nicht notwendig sei.

Die NPD trifft das Verfahren in einer Phase des langsamen Aufschwungs. Der Partei sei es gelungen, den Abwärtstrend zu stoppen, sagen Sicherheitskreise. Die Partei war bis 2014 auf 5200 Mitglieder abgesackt, in diesem Jahr jedoch habe sie von der Aufregung um Zuwanderung der Flüchtlinge profitiert und erstmals nach langer Zeit wieder leicht zulegen können.

Der ehemalige Parteichef Udo Voigt, seit Mai 2014 Abgeordneter im Europaparlament, spricht sogar von einem Anstieg auf 5800 Mitglieder. Voigt hofft sogar, die NPD werde bei der Landtagswahl am 13. März 2016 in Sachsen-Anhalt sechs bis sieben Prozent erreichen. Doch schon eine Annäherung an die Fünf-Prozent-Hürde könnte das Bundesverfassungsgericht nun verhagelt haben. Das gilt auch für die Ambitionen der NPD, im September 2016 erneut in den Landtag von Mecklenburg-Vorpommern einzuziehen.

Für Anfang März sind in Karlsruhe drei Tage für die mündliche Verhandlung im Verbotsverfahren angesetzt. Darunter dürfte der Wahlkampf der NPD in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern leiden. Warum sollten sich Wähler für eine Partei interessieren, die es möglicherweise bald nicht mehr gibt? Profitieren dürfte die AfD. Die rechtspopulistische Konkurrenz macht der NPD schon länger zu schaffen. „Leider, leider haben wir die AfD am Hals“, klagt Udo Voigt. Ohne die Rechtspopulisten, das sagen auch Sicherheitskreise, wären die Chancen der NPD größer, die Flüchtlingsdebatte und die Angst vor islamistischem Terror für sich nutzen.

NPD ist nur in Ostdeutschland verwurzelt

Allerdings nur im Osten. In Westdeutschland ist die Partei bei Wahlen weitgehend eine Nullnummer, da zeichnet sich auch kein neuer Trend ab. In den neuen Ländern hingegen ist die NPD regional und lokal dicht vernetzt. Von den knapp 360 Kommunalmandaten bundesweit habe sie 80 Prozent in Ostdeutschland, sagen Experten. Dank der örtlichen Verankerung bekomme die NPD schnell mit, wo eine Unterkunft für Flüchtlinge geplant sei und könne dann rasch Protest mobilisieren. Auch über die rechte Szene hinaus. Im Oktober versammelten sich im thüringischen Altenburg mehr als 2000 Menschen bei einer Kundgebung des Pegida-Pendants „Thügida“, in dem die NPD das Sagen hat.

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, im März über das Parteiverbot gegen die NPD zu verhandeln, belegt, dass die Richter derzeit davon ausgehen, dass die NPD verboten werden kann – denn sonst hätten sie laut Gesetz keine Verhandlung ansetzen dürfen. Hier gelten ähnliche Regeln wie für Strafprozesse, in denen die Anklage auch erst zugelassen wird, wenn das Gericht eine Verurteilung für wahrscheinlich hält. Ausweislich der mit dem Beschluss veröffentlichten Verhandlungsgliederung dürften sich die Richter auch schon über die wichtigsten Maßstäbe geeinigt haben, die sie an das Verbot anlegen wollen.

Ein wesentlicher Punkt ist die Diskussion, ob „Verfahrenshindernisse“ vorliegen, an denen der erste Verbotsanlauf 2003 wegen zahlreicher V-Leute des Verfassungsschutzes gescheitert war. So soll auch jetzt die Frage erörtert werden, ob die „Staatsfreiheit“ der NPD gesichert ist, ob also die Quellen, aus denen die staatlichen Nachrichtendienste schöpften, wirklich zum Versiegen gebracht wurden. Als Problem sehen die Richter offenkundig auch die sogenannte „Nachsorge“ bei abgeschalteten V-Leuten, da auch über sie immer noch Informationen gewonnen werden könnten.

Frühzeitig wollen die Richter darauf zu sprechen kommen, inwieweit ein NPD-Verbot verhältnismäßig sein muss. Dies zumal, da die „Anforderungen der Europäischen Menschenrechtskonvention“ im Programm des Gerichts eine explizite Rolle spielen. Nach Artikel elf der Konvention sind Parteiverbote nur zulässig, wenn sie zum Schutz der demokratischen Ordnung notwendig und nach Abwägung der Belange insgesamt verhältnismäßig sind. Das Bundesverfassungsgericht hat dagegen bislang den präventiven Charakter von Parteiverboten unterstrichen.

Da ein Verbotsurteil vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geprüft werden könnte, ist zu erwarten, dass die deutschen Richter versuchen werden, die Maßstäbe zusammenzuführen. Ein dritter Schwerpunkt wird darauf liegen, wie die NPD zu Menschenwürde und Demokratie eingestellt ist, insbesondere in Fragen von Antisemitismus und Ausländerhass und im Hinblick auf die angestrebte „Systemüberwindung“. Auch die „Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus“ ist ein Gliederungspunkt.

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