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UN-Generalsekretär Ban Ki Moon.
© AFP

Kampf gegen IS: Die Vereinten Nationen sind gescheitert

Die Vereinten Nationen stehen der Gewalt in Syrien und im Irak macht- und tatenlos gegenüber – dem Sicherheitsrat fehlen schlüssige Strategien.

Der Saal der Vollversammlung am Sitz der Vereinten Nationen wurde extra renoviert. Ab Mittwoch wollen sich dort in New York 140 Staats- und Regierungschefs zur Generaldebatte treffen. Jahrelang mussten die Toppolitiker wie US-Präsident Barack Obama mit einem nüchternen Container als Ort der Generaldebatte begnügen. Der neue Glanz steht nun in starkem Kontrast zum Zustand der Vereinten Nationen als globaler Friedenstifter – genau das ist ihre „Hauptaufgabe“, wie es Generalsekretär Ban Ki Moon erst vor wenigen Tagen noch einmal klarstellte.

Selten tobten so viele Konflikte auf der Welt wie 2014. Und selten stand der Staatenbund den Konflikten so tatenlos gegenüber. Auf Schauplätzen wie in Syrien und im Irak erreicht die Gewalt immer blutigere Dimensionen. „Wer sagt, wir leben in stürmischen Zeiten, der untertreibt“, sagt der Präsident der UN-Vollversammlung, Sam Kutesa. Zudem bietet der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ein trostloses Bild. Es ist jenes UN-Gremium, das die Hauptverantwortung für „für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit“ trägt. Seit Jahren etwa lässt der Rat den Syrienkrieg treiben.

Die Vetomacht Russland blockierte gleich zu Beginn des Konflikts im Jahr 2011 jede harte Gangart gegenüber dem Regime von Baschar al Assad – damals hätte ein totales Waffenembargo wahrscheinlich die Gewalt eindämmen können. Die Täter in Syrien brauchen nichts zu fürchten, sie foltern und morden weiter. Eine schlüssige Strategie des Sicherheitsrates fehlt ebenso gegenüber der Terrorgruppe „Islamischer Staat“. Vertreter der Christen und anderer Minderheiten sprechen von einem „Völkermord“ durch die IS-Banden im Irak.

Kritik wird jetzt auch öffentlich geäußert

Auch in Syrien wüten die Fanatiker. „Die Vereinten Nationen müssen uns gegen die IS helfen“, fordert Patriarch Louis Raphael Sako von der chaldäisch-katholischen Kirche mit Sitz in Bagdad. Der Patriarch verlangt die Entsendung internationaler Bodentruppen mit Mandat des Sicherheitsrates, um den IS zurückzudrängen. Doch dieser verzweifelte Wunsch dürfte kaum in Erfüllung gehen. Die Passivität des Sicherheitsrates ruft inzwischen hochrangige UN-Repräsentanten auf den Plan – normalerweise äußert man bei den Vereinten Nationen interne Kritik hinter verschlossenen Türen. „Ein entschlosseneres Handeln dieses Rates hätte hunderttausende Menschenleben gerettet“, sagte Ende August die damalige UN-Hochkommissarin Navi Pillay. Sie hielt den Mitgliedern des Sicherheitsrates vor: „Keiner dieser Konflikte bricht ohne Warnung aus. Sie entstehen über Jahre – und manches Mal über Jahrzehnte.“

Immerhin steht am Mittwoch das Thema „fremde Kämpfer“ auf der Agenda des Sicherheitsrates. Unter Vorsitz von Obama wollen die Mitgliedsländer beraten, wie der Zustrom von Terroristen aus dem Ausland in Konfliktregionen wie Syrien oder Irak gestoppt werden kann. Diplomaten rechnen zwar mit einem Beschluss des Rates. „Doch im Falle des IS dürfte es fast zu spät sein“, warnt ein Unterhändler. „Im Irak und in Syrien kämpfen schon tausende Ausländer.“

Jan Dirk Herbermann

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