Absurdes Schauspiel um Osman Kavala: Die Türkei – schlimmer als eine Bananenrepublik
Erst Freispruch, dann Haftbefehl: Ob es sich im Fall Kavala um Täuschung handelt oder einen Machtkampf – die Botschaft Ankaras ist erschreckend. Ein Kommentar.
Die Türkei führte am Dienstag ein absurdes Justiz-Schauspiel auf, das alles über die Aussichten ihrer EU-Bewerbung sagt. Osman Kavala, prominenter Vertreter der Zivilgesellschaft, saß mehr als zwei Jahre in Untersuchungshaft.
Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, die Gezi-Proteste vor sieben Jahren organisiert zu haben – ohne stichfeste Beweise vorlegen zu können. Das Gericht sprach Kavala am Dienstag frei.
Doch dass der Freispruch nichts mit rechtsstaatlichen Kriterien zu tun hatte, zeigte sich wenige Stunden später: Die Staatsanwaltschaft ordnete an, Kavala aus anderen Gründen wieder festzunehmen. "Wir sind bestürzt über die erneute Inhaftierung von Osman Kavala unmittelbar nach seinem Freispruch", twitterte das deutsche Außenministerium.
Wollte Ankara Europa täuschen?
Formell hält die Türkei damit Vorgaben des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes ein, der Kavalas Freilassung im Gezi-Verfahren verlangt – er sitzt nun nicht mehr wegen der Gezi-Proteste ein, sondern wegen Vorwürfen im Zusammenhang mit dem Putschversuch von 2016.
Ob Ankara aus kalter Berechnung handelte, um Europa zu täuschen, oder ob das Hin und Her ein Zeichen eines Machtkampfes im Staatsapparat ist, wie die Opposition vermutet, ist nicht entscheidend.
Die Botschaft ist eine andere: Die Türkei sei inzwischen schlimmer als eine Bananenrepublik, kritisierte Autor Levent Gültekin am Abend. Dem ist nichts hinzuzufügen.