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BND-Präsident Gerhard Schindler besuchte gemeinsam mit dem Beauftragten der Bundesregierung für die Geheimdienste, Klaus-Dieter Fritsche, die Obleute des NSA-Untersuchungsausschusses.
© Stephanie Pilick/dpa

NSA-Untersuchungsausschuss: Die Strategien der Geheimen

Die Obleute des NSA-Untersuchungsausschusses bekamen Besuch vom BND-Präsidenten und aus dem Kanzleramt - offiziell, um über eine geheime Mission von BND und GCHQ zu sprechen. Doch was wollten sie wirklich?

Berlin - Am Mittwochabend erhielten die Obleute des NSA-Untersuchungsausschusses hohen Besuch in ihrer üblichen Runde zur Vorbereitung der Sitzung am Donnerstag. Es kamen der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Gerhard Schindler, und Klaus-Dieter Fritsche, Beauftragter der Bundesregierung für die Geheimdienste. Soviel zu dem, was niemand bestreitet. Was die Intention dieses Besuches war, darüber gehen die Meinungen auseinander. Nach Ansicht einiger Ausschussmitglieder diente das Treffen dazu, dem Untersuchungsgremium zu drohen.

Der GCHQ drohe mit dem Abbruch jeder Zusammenarbeit, sagten Fritsche und Schindler laut einem Medienbericht

Nach Angaben von Ausschussmitgliedern informierten die beiden hochrangigen Geheimdienstverantwortlichen die Abgeordneten zunächst über eine Operation, die der BND mit dem britischen Geheimdienst GCHQ durchgeführt hat. Gleichzeitig teilten sie den Abgeordneten mit, der GCHQ lege größten Wert darauf, dass über diese Operation nichts an die Öffentlichkeit gerate, die Beziehungen zu den Briten seien ohnehin sehr angespannt. Der GCHQ befürchte, aus dem Ausschuss könnten brisante Details über die Geheimdienstarbeit an die Öffentlichkeit gelangen. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Patrick Sensburg (CDU) brachen die Obleute die Sitzung daraufhin ab. Am Donnerstagmorgen dann berichtete der „Focus“ in seiner Online-Ausgabe über das Treffen und die „angespannten“ Beziehungen zu den Briten – unter Berufung auf „ranghohe Verfassungsschützer“.

Abgeordnete vermuten eine Kampagne, um den Ausschuss zu diskreditieren

Abgeordnete vermuten deshalb eine Kampagne der Geheimdienste gegen den Ausschuss. „Ich habe den Eindruck, dass das Kanzleramt versucht, eine Drohkulisse aufzubauen. Man versucht, den Untersuchungsausschuss zu disziplinieren“, sagte Grünen-Ausschussmitglied Christian Ströbele am Donnerstag. „Wir sind verärgert und verunsichert“, sagte die Linken-Obfrau Martina Renner. Einige Abgeordnete vermuten, dass das Treffen dazu dienen könnte, die Verweigerung weiterer Akten zu begründen. Unter Berufung auf ein „Nein“ von Partnerdiensten in den USA und Großbritannien verweigert die Bundesregierung auch die Herausgabe deutscher Akten an den Ausschuss.

Fritsche und Schindler betonten, wie geheim die Informationen seien - in großer Runde

Einige Abgeordnete wunderten sich außerdem darüber, dass die hoch brisanten Informationen in vergleichsweise großer Gruppe vorgetragen wurden, nämlich im Beisein ihrer Mitarbeiter. Sollte ein Leak provoziert werden?
Die Obleute aller Parteien haben nun vereinbart, sich mit einem Brief an Bundestagspräsident Norbert Lammert zu richten. In dem Schreiben wird Lammert um ein persönliches Treffen mit den Obleuten gebeten.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Bundesregierung implizit den Ausschuss der Weitergabe von geheimen Informationen beschuldigt. Im Oktober 2014 hatte sich Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) mit einem Schreiben an den Ausschussvorsitzenden gewandt und mit strafrechtlichen Ermittlungen gegen Abgeordnete oder ihre Mitarbeiter gedroht. Hintergrund war ein Medienbericht über die Operation „Eikonal“. Bei dieser Operation hatten BND und NSA kooperiert, um Daten an Leitungen der Telekom abzugreifen. Die dabei eingesetzten Filter, die Daten deutscher Bürger herausfiltern sollten, funktionierten nicht einwandfrei, weshalb die Operation 2008 beendet wurde. Ausschussmitglieder haben darauf hingewiesen, dass die Berichte auch Informationen enthielten, die ihnen gar nicht zugänglich seien – und die deshalb aus Quellen beim Kanzleramt oder bei den Geheimdiensten selbst stammen müssten.
Den Bericht im „Focus“ jedenfalls verfasste Josef Hufeschulte, ein Journalist, der seit Jahrzehnten über den BND berichtet.

NSA-Ausschuss macht ein neues Kapitel auf: Die Kooperation des BND mit der CIA

Inhaltlich schlug der NSA-Ausschuss am Donnerstag ein neues Kapitel auf. Nachdem er in den vergangenen Sitzungen vor allem Details der Operation Eikonal geklärt hatte, beschäftigte er sich in dieser Woche mit der "Operation Glotaic". Im Rahmen dieser Operation kooperierten der BND und die CIA um Daten des Telekommunikationsanbieters MCI abzugreifen, der heute zu Verizon gehört. Über diese Operation hatte bereits der "Spiegel" berichtet. Dazu wurde unter anderem der Leiter der BND-Außenstelle Rheinhausen, W.K., gehört. In Rheinhausen wurden die Daten verarbeitet und an die USA weitergeleitet. Wie so häufig zeigte sich einerseits, dass ausländische Nachrichtendienste von den öffentlichen Sitzungen des Ausschusses wenig zu befürchten haben: Mit Verweis auf seine eingeschränkte Aussagegenehmigung und aufgrund mehrerer Interventionen von Seiten eines Regierungsvertreters im Ausschuss verweigerte der Zeuge teils sogar das Nennen von Informationen, die ohnehin schon öffentlich sind. W.K. bestand darauf, es seien keine Daten von Deutschen oder US-Bürgern ausgetauscht worden. Andererseits zeigte auch die Befragung von W.K. wiederum die große Selbstverständlichkeit, mit der der BND gemeinsam mit ausländischen Partnern schon seit über einem Jahrzehnt in Deutschland Daten an Leitungen abgreift. Es gab laut Aussage von W.K. regelmäßige Treffen in Deutschland und den USA, bei denen über alle möglichen Kooperationen gesprochen wurde. Dass das Kanzleramt von dieser Operation nichts gewusst habe, so W.K., könne er sich nicht vorstellen.

Anna Sauerbrey

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