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Dämpfer für die SPD in Schleswig-Holstein: Kanzlerkandidat Martin Schulz.
© AFP/Tobias Schwarz

Niederlage in Schleswig-Holstein: Die SPD verliert eine Machtperspektive

Das Kieler Ergebnis ist für die SPD so bitter, weil es zeigt, dass Rot-Rot-Grün als Machtperspektive schon vorbei ist, ehe das Bündnis im Bund überhaupt eine werden konnte. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Es läuft nicht gut für die SPD, ganz und gar nicht. Natürlich werden die führenden Genossen jetzt nicht müde werden, heute und morgen all denen zu danken, die sich für die Partei in die Bresche geworfen haben. Aber es ändert doch nichts am Ergebnis. Und das ist mindestens ernüchternd. Aus Kiel weht ein rauer Wind nach Berlin.

Von der Euphorie um Martin Schulz getragen, hatten sich die Sozialdemokraten der Hoffnung hingegeben, nun werde alles anders. Und, ja, sie haben zehn Punkte in den Umfragen bundesweit zugelegt. Aber Umfragen sind keine Wahlergebnisse. Volatil sind sie auch noch. Wie wusste Großwahlkämpfer Helmut Kohl, der Comeback-König in Wahlangelegenheiten: Wer als Papst ins Konklave hineingeht, kommt als Kardinal wieder heraus. Dem Katholiken Schulz wird dieses Bild etwas sagen. Zumal er bisher noch keine Wahl gewonnen hat, außer der zum Bürgermeister von Würselen.

Rau ist der Wind aus Kiel deshalb, weil er die Erkenntnis mitbringt: Rot-Rot-Grün ist als Machtperspektive schon wieder vorbei, ehe das Bündnis überhaupt eine werden konnte. Im Saarland ist nichts daraus geworden, in Schleswig-Holstein auch nicht – in Nordrhein- Westfalen nächsten Sonntag ist diese Konstellation auch nicht zu erwarten. Was die SPD über Jahre im Bundestag nicht gewagt hat, wird nun nichts mehr werden, auf Jahre hinaus nicht. Jetzt zeigt sich, dass sie hätte vorbereitet werden müssen, inhaltlich wie personell, damit die Republik nicht verschreckt wird. Berlin und Thüringen allein machen noch keine Mehrheit links der Mitte; erst recht nicht, wenn die Linke sie anführt.

Die SPD muss die Nerven behalten, das fällt ihr bekanntlich schwer

Und nun? Wird immer klarer, dass es im Wesentlichen im Bund um vier Koalitionsoptionen gehen wird: Schwarz-Rot mit Rot als Juniorpartner, Schwarz-Gelb, „Jamaika“ und die „Ampel“. Für die renovierten, möglicherweise reformierten Freien Demokraten ist das eine auf den ersten Blick überraschend komfortable Situation. Christian Lindner und Wolfgang Kubicki als Königs- oder Königinmacher, das hätten sich vor Jahresfrist selbst bei der FDP auch nur wenige so vorgestellt.

Allerdings setzt diese Entwicklung die Partei zugleich enorm unter Druck. Sie darf in den kommenden Wochen und Monaten nicht in alte Verhaltensmuster zurückfallen, darf nicht überheblich daherkommen, und sie muss mehr noch als bisher den Anspruch inhaltlich unterlegen, sich reformiert zu haben. Ansonsten wird altes Misstrauen neu belebt werden. Davor ist die FDP – noch – nicht gefeit. Wer sich liberal nennen will, muss Liberalität walten lassen. Das gilt auch im Hinblick auf die Partnerwahl.

Die Schwäche der SPD ist die Stärke der CDU

Womit der Blick wieder auf die SPD fällt. Es wird schwierig für sie; vor allem schwierig, die Nerven zu bewahren. Darin ist die Partei bekanntermaßen besonders schlecht. Während genau das die Stärke der Union ist, genauer: ihrer Spitzenkandidatin Angela Merkel. Wo sie gerade Weltpolitik macht, als Weltkanzlerin unterwegs ist, muss Martin Schulz die Mühen der Ebene hinter sich bringen.

Und hinter sich lassen: Wie noch jedes Mal wird auch von diesem Sozialdemokraten eine Art Gesellschaftsentwurf verlangt, den zu wählen sich lohnt. Die Erzählung mit der Moral „Würselen ist überall“ trägt nicht. Sie wirkt im Vergleich dann doch zu klein. Sogar auch für Kiel. Jedenfalls hat Torsten Albig nicht von ihr profitiert. Aber immerhin: Würselen liegt in NRW.

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