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Die Koalition streitet über den Umgang mit ihnen: Flüchtlinge kurz vor der österreichisch-deutschen Grenze.
© dpa

Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt: Die SPD stellt sich quer

Die Nerven liegen blank: CSU-Chef Horst Seehofer stellt Angela Merkel ein Ultimatum, die SPD sagt Nein zu Transitzonen. Der Dreiergipfel heute wird spannend.

Einen Tag vor dem für Sonntag geplanten Koalitionsgipfel zur Flüchtlingskrise hat die SPD ihre Absage an grenznahe Transitzonen für Asylbewerber bekräftigt. Die von der Union vorgeschlagenen Einrichtungen seien als "riesige Haftzonen weder organisatorisch durchführbar noch rechtlich darstellbar", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel am Sonnabend nach einer Sitzung der SPD-Ministerpräsidenten und des SPD-Präsidiums. Allerdings waren Unionspolitiker in den vergangenen Tagen von dem ursprünglichen Vorschlag für eingezäunte Transitzonen nach dem Vorbild des Flughafenverfahrens schon wieder abgerückt.

Die SPD schlägt stattdessen die Ausweisung dezentraler Registrierungs- und Einreisezentren innerhalb Deutschlands vor. In jedem Bundesland soll mindestens ein Zentrum entstehen, in größeren mehrere. Statt mit Zäunen will die SPD die Flüchtlinge durch Anreize dazu bewegen, sich dort anmelden zu lassen. "Die Gewährung von Leistungen ist an diese Registrierung in Einreisezentren gebunden", sagte Gabriel. Wer sich verweigere, werde weniger Leistungen bekommen und Nachteile im Asylverfahren erleiden. Diese Idee war auch in Unionskreisen in den vergangenen Tagen als praktikable Lösung favorisiert worden. Ziel sei ein besseres, kontrolliertere und geordneteres Verfahren der Einreise und der Registrierung von Asylbewerbern, sagte Gabriel. Vorschläge aus der Union zur Begrenzung des Familiennachzugs lehnte der SPD-Chef als verfassungswidrig ab.

UN-Flüchtlingshilfswerk lobt Deutschland

Im Streit über die Reaktion auf die anhaltend hohe Zahl von Flüchtlingen hatte sich der Ton zwischen den Unionsparteien CDU und CSU sowie zwischen CSU und SPD in den vergangenen Wochen immer weiter verschärft. Am Sonntag treffen sich die drei Parteichefs Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Gabriel (SPD), um das Thema zu beraten. Seehofer hatte Merkel ein Ultimatum gestellt und fordert bis Sonntag weitere Maßnahmen zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen. Am Abend vor dem Dreiergipfel wollten sich Merkel, Seehofer und Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) zur internen Aussprache treffen.

Die Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks, Melissa Fleming, lobte Deutschland für seine Aufnahmebereitschaft. Das internationale Schutzsystem für Flüchtlinge sei vor 70 Jahren als Reaktion auf die NS-Herrschaft und die Flüchtlingsbewegung nach dem Krieg entstanden, sagte sie dem Tagesspiegel: "Und Deutschland ist es jetzt, das die moralische Führungskraft zeigt, dieses System aufrechtzuerhalten." Es sei auch heute noch tragfähig, wenn sich die Aufnahmeländer die Lasten teilten. "Wir sind nach wie vor der Meinung, dass die Flüchtlingszahlen in Europa zwar hoch sind, aber auch zu bewältigen." Nach Meinung der UN-Vertreterin könnte mehr Hilfe für die Anrainerstaaten Syriens bewirken, dass die meisten syrischen Flüchtlinge in der Region blieben. Dies sei auch deren eigenes Ziel, sagte Fleming.

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