Ex-Astronauten und QAnon-Anhänger: Die spannendsten Newcomer der US-Wahl
Das US-Repräsentantenhaus und ein Drittel der Senatssitze wurden ebenfalls neu gewählt. Die erfolgreichen Kandidatinnen zeigen, wie gespalten das Land ist.
Die ganze Welt zittert, ob Donald Trump oder Joe Biden den Kampf ums Weiße Haus gewinnt. Neben dem Präsidenten haben die Amerikanerinnen und Amerikaner aber auch rund ein Drittel des Senats und das Repräsentantenhaus gewählt, außerdem mehrere Gouverneure und örtliche Parlamente.
Während die Demokraten ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus wohl halten können, bleibt das Rennen um die Kontrolle im Senat spannend.
Unter den bisher gewählten Senatoren und Abgeordneten finden sich neben politischen Schwergewichten auch QAnon-Anhänger und mit Marc Kelly ein ehemaliger Astronaut.
Joe Biden konnte überraschend den Bundesstaat Arizona für sich gewinnen, der 2016 an Donald Trump ging. In Arizona konnte sich außerdem Kelly gegen die republikanische Senatorin Martha McSally durchsetzen. Kelly war lange für die NASA als Astronaut tätig und absolvierte vier Weltraumflüge. Nachdem seine Frau, die Politikerin Gabby Giffords, 2011 nur knapp ein Attentat überlebte, engagiert er sich für strengere Waffengesetze.
Mit seinem Sieg in Arizona können die Demokraten den Republikanern einen Sitz im Senat abringen. Auch John Hickenlooper setze sich in Colorado gegen den bisherigen republikanischen Senator Cory Gardner durch. Doch die Demokraten müssen auch um Sitze fürchten, etwa im Bundesstaat Michigan.
Republikanische Schwergewichte setzen sich durch
Viele im Vorfeld als Wackelkandidaten gehandelte republikanische Senatoren konnten sich in ihren Rennen durchsetzen. So auch der bisherige Vorsitzende des Justizausschusses, Lindsey Graham. 57 Millionen US-Dollar hatte sein Gegner Jaime Harrison für den Wahlkampf in South Carolina eingesetzt – vergeblich. Graham gehört zu den politischen Schwergewichten seiner Partei. Nachdem er Donald Trump anfangs skeptisch gegenüberstand, ist er inzwischen einer seiner engsten Vertrauten.
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Ebenfalls wieder in den Senat gewählt wurde der republikanische Mehrheitsführer Mitch McConnell. Er hat die Wahl in seinem Heimatstaat Kentucky gewonnen. Die Demokraten hatten die Kampfpilotin Amy McGrath ins Rennen geschickt und viel Geld in den Wahlkampf investiert.
McConnell ist einer der wichtigsten Strippenzieher in Washington und gilt als Hardliner in seiner Partei. Zuletzt organisierte der 78-Jährige die schnelle Ernennung Amy Coney Barretts als Richterin im Supreme Court nach dem Tod von Ruth Bader Ginsburg.
Die erste trans Senatorin der USA
Mit Sarah McBride wird erstmals eine trans Frau Senatorin. Der Bundesstaat Delaware hat die 30-Jährige in den dortigen Senat gewählt. McBride setzt sich für die Rechte der LGBTQ-Community ein und hat im Weißen Haus unter dem ehemaligen Präsidenten Barack Obama ein Praktikum absolviert. Sie setze sich mit 86 Prozent der Stimmen gegen den Republikaner Steve Washington durch.
„Ich hoffe, dass die Nacht zeigt, dass unsere Demokratie auch für ein LGBTQ-Kid groß genug ist“, schrieb McBride vor ihrer Wahl auf Twitter. McBride wird die am höchsten rangierende Politikerin der USA sein, die trans ist. In Vermont wurde die 26-jährige Taylor Small ins das dortige Parlament gewählt. „Fünfte Transgender-Abgeordnete der Nation!“, schrieb sie auf Twitter. Erstmal ist 2017 in Virginia eine trans Frau in ein regionales Parlament eingezogen.
Der „Squad“ um Ocasio-Cortez ist wiedergewählt
Die vier Demokratinnen Alexandria Ocasio-Cortez, Ilhan Omar, Ayanna Pressley und Rashida Tlaib haben es wieder ins Repräsentantenhaus der USA geschafft. Ocasio-Cortez hatte die Gruppe 2018 als den „Squad“ bezeichnet, seitdem ist sie unter diesem Namen bekannt. Die vier Frauen of Color gehören dem linken Flügel der Partei an und sind Hassobjekte Donald Trumps. Der schrieb 2019 auf Twitter, die Politikerinnen sollten in die „komplett kaputten und kriminellen“ Länder zurückgehen, wo sie hergekommen seien.
Nach ihrem Wahlsieg 2018 in New York war Ocasio-Cortez mit 29 Jahren die jüngste Abgeordnete, die je ins Repräsentantenhaus eingezogen ist. Sie gilt als Hoffnungsträgerin ihrer Partei. Ihr republikanischer Gegenkandidat John Cummings hatte 10 Millionen US-Dollar für den Wahlkampf ausgegeben. Neben dem „Squad“ ist auch die Sprecherin des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, wieder als Abgeordnete gewählt worden.
Black-Lives-Matter-Aktivistin schreibt Geschichte
Die Black-Lives-Matter-Aktivistin Cori Bush zieht als erste schwarze Frau für Missouri in den Kongress ein. Insgesamt kandidierten dieses Jahr mindestens 115 Frauen of Color für den Kongress, mehr als je zuvor. Während des Wahlkampfs hat die Krankenschwester offen über ihre finanziellen Probleme gesprochen, eine Zeit ihres Lebens war sie obdachlos.
Nachdem der 18-jährige Michael Brown 2014 in Ferguson von einem Polizisten erschossen wurde, begann Bush, sich für Black Lives Matter zu engagieren. Sie will sich im Kongress unter anderem für eine Justiz- und Polizeireform einsetzen.
Verschwörungsgläubige im Repräsentantenhaus
Die Verschwörungsideologie QAnon ist künftig im Repräsentantenhaus der USA vertreten. In einem konservativen Wahlkreis von Georgia trat die Republikanerin Marjorie Taylor Greene ohne Gegenkandidaten an. Sie ist eine von mehreren Kandidaten der Republikaner, die offen mit der QAnon-Verschwörungstheorie sympathisiert haben, von denen aber die meisten in traditionell demokratischen Wahlkreisen antraten.
Seit 2017 verbreitet eine Person oder Gruppe, die sich QAnon nennt, im Internet Verschwörungstheorien mit teilweise rechtsextremen Inhalt. Zentrale Behauptung ist, dass eine satanistische, pädophile Elite Kinder gefangen hält, um sich mit einem Stoff aus ihrem Blut zu verjüngen.
Präsident Donald Trump würde gegen diese Gruppe aus den tiefen Schichten des US-Regierungsapparats kämpfen. Trump hat bisher wenig getan, um sich von der QAnon-Bewegung zu distanzieren und bezeichnete ihre Anhänger als „Menschen, die unser Land lieben“.
Die Geschäftsfrau Greene hatte QAnon während ihres Wahlkampfs als „Patrioten“ bezeichnet und ihre Thesen unterstützt, sich zuletzt aber etwas von der Verschwörungstheorie distanziert. Sie hat sich außerdem öffentlich schlecht über Juden, Muslime und Schwarze gesprochen und wehrt sich gegen das Tragen von Mund-Nase-Schutzmasken. Trump gratulierte Greene im August zu ihrer Nominierung. „Marjorie ist stark in allem, was sie tut und gibt nie auf“, schrieb er. „Eine echte Gewinnerin.“
[Erläuterung zu unseren Zahlen zur US-Wahl: Bei den Wahlentscheidungen in den einzelnen Bundesstaaten nutzen die US-Medien unterschiedliche Berechnungsmodelle, bevor sie einen Call veröffentlichen, also die Wahlleute des Staates einem Kandidaten zurechnen. Je nach der Quelle, auf die sich aktuelle Grafiken und Karten beziehen, sind die Zahlen auch in den deutschen Medien unterschiedlich. Beim Tagesspiegel nutzen wir für unsere Live-Daten Angaben der Deutschen Presse-Agentur dpa, die sich wiederum auf Zahlen des US-Senders CNN stützt.]