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E-Autos oder Wald: Umweltverbände vor der Zerreißprobe.
© Patrick PLeul/dpa

Umweltverbände im Realitätsschock: Die Sache mit dem Gewissen

Die Debatte um die Tesla-Fabrik in Brandenburg zerreißt Umweltverbände. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ursula Weidenfeld

Das Gewissen lässt sich wie eine Hauskatze halten. Man unterstützt einen Umweltverband – und fliegt dennoch in den Urlaub, fährt ein Auto, oder brät sich auch mal ein paar Steaks. So richtet man sich zwischen den Guten (NGO) und den Schlechten (Vielflieger, Dieselfahrer, Fleischesser) ein. Dumm nur, wenn Umweltverbände genauso ambivalent werden, wie man es selbst längst ist. Dann wird aus dem Haustier ein komplizierter Gefährte. Der Konflikt um Kiefern, Ameisen und Fledermäuse in Grünheide ist ein gutes Beispiel.

Kompromisse spalten die Bewegung

Zwei Umweltverbände klagten gegen die Fällgenehmigung für 100 Hektar Kiefernwald. Vor Gericht verloren die Aktivisten erst einmal. Beschädigt aber sind sie, weil sie nicht nur gegen die Landesregierung, sondern auch untereinander stritten. Sie werfen einander Kompromissler- oder Sektierertum vor. Die Frage, ob man etwas weniger schlechtes (E-Autos) ermöglichen soll, damit etwas ganz Schlechtes (der Verrbennungsmotor) verschwindet, spaltet die Bewegung. Sie wird sich in den kommenden Jahren vielfach neu stellen.

Mit Grautönen des Alltags herumschlagen

Bisher hatten Umweltverbände und NGOs das Glück, einfache Botschaften zu haben. Wald ist gut, Auto ist schlecht, zum Beispiel. Die Menschen vertrauen ihnen gerade wegen der klaren Kriterien, mit denen sich ihre Welt in hell und dunkel teilt. Doch ein solches Denken funktioniert nur, solange es eine Minderheitsmeinung repräsentiert. Wenn sich der politische Wind dreht, gerinnen die einfachen Sätze zu politischen Programmen, komplizierten Referentenentwürfen, aufwendigen Genehmigungsverfahren. Auf einmal muss man sich mit den Grautönen des Alltags herumschlagen.

Genau in dieser Lage finden sich die Umweltverbände wieder. Längst sind sie nur noch Teil der Bewegung, längst partnern einige von ihnen mit der Industrie, statt sie zu bekämpfen. Für den Klimaschutz ist das gut. Doch in den eigenen Reihen beschädigt es das Image. Dieses Dilemma müssen die Verbände erklären und klären. Sonst werden ausgerechnet sie am Ende die Verlierer der Klimawende sein. Haustiere, die dauerhaft Probleme haben, leben nicht lange.

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