Von der Leyen und der Fall Franco A.: Die Oberaufklärerin steckt in der Zwickmühle
Ministerin von der Leyen hat in der Affäre um Franco A. versucht, medienwirksam Entschlossenheit zu zeigen - zu viele inszenierte Bilder aber könnten ihr schaden.
Mit Bildern in der Politik verhält es sich so, dass man sie manchmal brauchen kann und manchmal nicht. Am Donnerstag entscheidet sich Ursula von der Leyen abwechslungshalber einmal für das „nicht“. Die Verteidigungsministerin hat gut 100 Militärführer in ihr Ministerium zitiert, um mit ihnen über die jüngsten Skandale in der Armee zu sprechen und besonders darüber, was sie mit mangelnder Führung, falschem Korpsgeist und falscher Haltung zu tun haben. Eigentlich waren Kameraleute und Fotografen eingeladen, zum Auftakt ein paar Bilder der Versammlung zu machen. Am Nachmittag werden sie wieder ausgeladen: Es handele sich, erklärt ein Sprecher, um eine interne Veranstaltung.
Die Begründung klingt arg an den Haaren herbeigezogen. Eine interne Veranstaltung war das Treffen schließlich vorher auch schon. Wahrscheinlicher ist wohl, dass sie in der Führungsetage im Bendlerblock zu dem Schluss gekommen waren, dass zu viele inszenierte Bilder dem Gesamtbild von der entschlossenen Aufklärerin interner Missstände bloß schaden könnten.
Das Treffen mit den Generalen und Admiralen gehört zu Leyens Krisenreaktionsmaßnahmen, so wie schon am Vortag der Besuch der deutsch-französischen Kaserne in Illkirch bei Straßburg und ein für nächste Woche angekündigter Besuch beim Zentrum Innere Führung. Aus Illkirch – dem Standort, an dem der als Rechtsterrorist verdächtigte Oberleutnant Franco A. stationiert war – hatte es viele Bilder gegeben, einerseits aus einem Aufenthaltsraum mit allerlei Bezügen zur Wehrmacht, andererseits von einer Ministerin, die erklärte: „Die Wehrmacht ist in keiner Form traditionsstiftend für die Bundeswehr.“
Der erste Nachrichtenplatz in der „Tagesschau“ war ihr dafür sicher. Ansonsten fiel das Echo allerdings durchwachsen aus; der Verdacht lag einfach zu sehr auf der Hand, dass der Blitzbesuch das weniger vorteilhafte Bild überschreiben helfen sollte, das seit Sonntag im öffentlichen Raum steht. Leyens im ZDF geübte scharfe Generalkritik an der eigenen Truppe („Die Bundeswehr hat ein Haltungsproblem. Und sie hat offensichtlich ein Führungsschwäche auf verschiedenen Ebenen.“) wertete nicht nur die Opposition als Versuch, die Verantwortung für Fehler von sich wegzuschieben. Ihre jetzige Aktivität werten die gleichen Kritiker als Versuch, den fatalen Eindruck vergessen zu machen. „Hochglanzbilder für die Presse lösen keine Probleme bei der Bundeswehr“, schimpfte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley. „Das ist bloße Selbstverteidigung.“
Es gibt es eine Sondersitzung des Verteidigungsausschusses
Tatsächlich steckt die CDU-Politikerin in einer selbst aufgebauten Zwickmühle. Tut sie nichts, gilt das als Wegducken; prescht sie vor, setzt sie sich dem Verdacht aus, dass sie sich für die Pauschalkritik nachträglich Gründe bastelt. Den naheliegenden Ausweg – nämlich einzugestehen, dass die Misstrauenserklärung an „die Bundeswehr“ falsch war und höchstens ein „In der Bundeswehr gibt es ein Haltungsproblem“ richtig gewesen wäre – will sie nicht beschreiten. Im Gegenteil: „Ich finde, es muss dann auch akzeptiert sein, dass wir beherzt das angehen!“, forderte Leyen forsch am Dienstagabend im „Tagesthemen“-Interview.
Die Opposition will es genauer wissen, nächste Woche in einer Sondersitzung des Verteidigungsausschusses. Eine Frage dort dürfte lauten: Geht sie das Richtige an? Mit Rechtstendenzen und falschen Traditionsbildern hat die Bundeswehr seit jeher zu tun. Aber die Berichte des Wehrbeauftragten liefern keinen Anlass für Großalarm. Auch auf der Weisungsebene besteht kein Nachholbedarf: „Ein Unrechtsregime wie das Dritte Reich kann Tradition nicht begründen“, verfügt seit 1982 Hans Apels Traditionserlass.
Ob der Oberleutnant A. für sein völkisch-fremdenfeindliches Weltbild den NS-Bezug überhaupt braucht, ist offen. In seiner abgelehnten Masterarbeit klingt weniger alter Wehrmachtsmuff als neurechte „Volks“-Ideologie durch. Er fällt nach bisheriger Aktenlage wohl eher unter einen Spezialfall von Führungsschwäche: Vorgesetzte ließen sich von seinem Talent im Rausreden blenden.
Zuletzt hat er das noch mal mit dem Juristen der Bundeswehr versucht, der ihm 2014 attestiert hatte, dass seine Masterarbeit nicht rechtsextrem gemeint sei. Nach seiner ersten Festnahme in Wien im Februar schickte A. dem Rechtsberater seine Erklärung dafür, warum er dort eine Pistole am Flughafen versteckt hatte. Der gab ihm nach eigener Darstellung zu verstehen, dass er die „literarische“ Story blumig und unglaubwürdig fand. Der Jurist behielt den Vorgang aber für sich und löschte sogar die dazugehörigen Mails. Erst als der Fall vorige Woche öffentlich wurde, schrieb er seinem heutigen Vorgesetzten einen Vermerk.