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Der Chef hatte die Idee selbst. Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle bei der Urteilsverkündung in Karlsruhe.
© REUTERS

Kampf gegen Rechte: Die NPD soll wenigstens pleitegehen

Ein NPD-Verbot hat das Verfassungsgericht abgelehnt. Aber die Richter haben angeregt, der NPD die staatliche Finanzierung zu entziehen. Nun wird heftig diskutiert.

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, hatte die Debatte angestoßen: Dass es noch andere „Reaktionsmöglichkeiten“ gebe statt des von seinem Gericht am Dienstag abgelehnten Verbots der NPD – „zum Beispiel der Entzug der staatlichen Finanzierung“. Nun ist die Debatte voll entbrannt.

„Steuermittel für die NPD sind eine staatliche Direktinvestition in rechtsradikale Hetze“, sagte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) der „Rheinischen Post“. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sieht die Streichung sogar als „zwingend notwendig“ an. Auch Innenminister Thomas de Maizière (CDU), SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sowie die Grünen-Politikerin Renate Künast würden mitmachen. Die SPD möchte das Projekt noch in dieser Legislaturperiode durchbringen.

Anders als beim Verbotsantrag, den nur der Bundesrat gestellt hatte, wäre dafür allerdings große Einigkeit nötig. Voßkuhle selbst erklärte, dass über den Entzug staatlicher Gelder nur der „verfassungsändernde Gesetzgeber“ entscheiden könne – eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat. Immerhin ein Hinweis, dass eine solche Verfassungsänderung von seinem Gericht als zulässig beurteilt werden könnte. Selbstverständlich ist das nicht. Das Thema ist in der Politik und unter Juristen umstritten.

So ließ etwa das Land Niedersachsen 2008 ein Gutachten erstellen, ob und wie die Beschränkung möglich wäre. 2013 haben auch die wissenschaftlichen Dienste des Bundestags ein Gutachten vorgelegt. Ihr Tenor ist ähnlich: Parteien haben dank des Grundgesetzartikels 21, der sie beauftragt, an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken, eine starke Stellung. Daraus besteht zwar kein Anspruch auf staatliche Finanzierung, sie wird aber auch nicht eingeschränkt. Gegenwärtige Praxis ist eine Teilfinanzierung, die sich nach den Wahlerfolgen, der Zahl von Mandatsträgern sowie der eingeworbenen Spenden bemisst. Große Parteien bekommen entsprechend viel, kleine Parteien wenig staatliche Mittel.

Gesetzlich vorgesehen ist der Entzug nur bei einem Verbot der Partei. Bis dahin besteht ein strikter Anspruch auf Chancengleichheit. Dies würde es verbieten, eine Partei durch gekürzte oder gestrichene Mittel zu benachteiligen. Anders wäre es, der Anspruch würde auf Ebene des Grundgesetzes gezielt eingeschränkt. Doch auch damit sind nicht alle Fragen beantwortet. Denn Artikel 79 des Grundgesetzes bestimmt, dass Verfassungsänderungen dort ihre Grenzen haben, wo die demokratische Ordnung insgesamt berührt ist. Wie muss hier der staatlich mitfinanzierte Auftrag zur Willensbildung berücksichtigt werden?

Die Gutachter sehen Spielräume. Die Bundestagsjuristen führen an, dass das Grundgesetz ausdrücklich einen „Schutzauftrag des Staates, gegen Rassendiskriminierung vorzugehen“, enthalte. Einschnitte in die Chancengleichheit könnten mit diesem Argument akzeptabel sein. Der Staatsrechtler Volker Epping, Präsident der Uni Hannover, empfahl in seinem Gutachten für NRW, dass „konkrete Bestrebungen einer Partei gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ Voraussetzung für den Entzug sein sollten. Verdacht genüge nicht. Die Entscheidung solle der Bundestagspräsident treffen, über Klagen betroffener Parteien könne das Bundesverwaltungsgericht befinden

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