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Erster Auftritt im Parlament. Regierungschefin Beata Szydlo.
© dpa

Polen: Die neue Regierungschefin Beata Szydlo verzichtet auf Ausfälle gegen Deutschland

Polens neue Regierungschefin Beata Szydlo gibt sich in ihrer ersten Regierungserklärung plötzlich gemäßigt und schimpft nicht auf die Deutschen.

Nach der internationalen Kritik im Zuge unbedachter Äußerungen des neuen polnischen Außenministers zur Flüchtlingskrise glättete die rechtsnationale Regierungschefin Beata Szydlo am Mittwoch in ihrer Regierungserklärung die Wellen wieder. Undiplomatische Äußerungen suchte man in ihrer über einstündigen programmatischen Erklärung vergebens, außenpolitische Fragen behandelte Szydlo nur am Rande, Deutschland erwähnte sie schon gar nicht, zu den Flüchtlingen machte sie nur vage Andeutungen. Noch Anfang der Woche hatte Außenminister Witold Waszczykowski behauptet, bisher sei Polen nur ein Vasall Berlins gewesen.

Szydlo begann ihren ersten Auftritt im neuen Sejm, dem von der Kaczynski-Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) mit einer absoluten Mehrheit dominierten Parlament, mit einer Verurteilung der Terroranschläge in Paris vom Freitag und Worten der Solidarität. Die Priorität ihrer Regierung sei es, die Sicherheit der Polen zu garantieren, aber auch „zur Sicherheit der EU beizutragen“. Dies sind neue Töne aus Warschau, nachdem das neue Kabinett entgegen ersten Zusicherungen Szydlos alte EU-skeptische Falken aus dem engsten Umfeld von Parteichef Jaroslaw Kaczynski versammelt hatte.

Szydlo versprach nun Polens Solidarität mit den Flüchtlingen. Allerdings fügte die neue Regierungschefin auch an, Warschau werde den „Export von Problemen“ nicht dulden. Zumindest die mit der PiS-Wahlpropaganda vertrauten Polen müssen dies als Kritik an Deutschland verstanden haben.

Europa behandelt sie nur als Nebensache

PiS-Exponenten hatten in der Vergangenheit immer wieder die Überzeugung geäußert, dass erst Angela Merkels Willkommensgrüße für syrische Flüchtlinge die Auswanderungswelle ausgelöst hätten. Die Aufnahme von 7000 Syrern und Eritreern wird jetzt von der PiS zum Akt der polnischen Gnade gegenüber Berlin umgedeutet, obwohl dieses Versprechen von der liberalen Vorgängerregierung stammt. Noch am Wochenende hatte Szydlos Europaminister die Terroranschläge von Paris zum Anlass genommen, sich gegen eine Aufnahme von Flüchtlingen zu stemmen. Erst Proteste aus Brüssel und Berlin bewogen die neue Regierung schließlich zurückzurudern. „Ich sage es mit schmerzendem Herzen, aber an die internationalen Verpflichtungen müssen wir uns halten“, pfiff Außenminister Waszczykowski seinen Regierungskollegen zurück.

Beata Szydlo zeigte sich am Mittwoch nun ähnlich wie ihre Vorgängerin Kopacz vor allem als besorgte Landesmutter. Wie bereits bei ihren Wahlkampfauftritten sprach Szydlo vor allem von Alltagssorgen der einfachen Polen, um die sich ihre Regierung nun endlich kümmern wolle. Innenpolitik ist ihr sichtbar wichtiger als große sicherheitspolitische Entwürfe.

Europa ist für Szydlo nur eine Nebensache, so jedenfalls klang ihre Regierungserklärung. „Unser Programm kann ich in drei Worten zusammenfassen: Fortschritt, Fortschritt, Fortschritt!“, sagte sie. So soll das Rentenalter wieder auf 65 beziehungsweise 60 Jahre gesenkt und das Kindergeld auf monatlich umgerechnet 120 Euro erhöht werden. Bezahlt wird das durch eine Supermarkt- und Bankensteuer nach dem Vorbild Ungarns unter Viktor Orban.

Konkreter wurde Szydlo bei der Vorstellung eines Revitalisierungsprogramms für Polens Randregionen im Süden und Osten des Landes, wo die PiS seit Jahren die meisten Stimmen bekommt. „Der Fortschritt darf sich nicht mehr nur auf die Zentren konzentrieren“, sagte Szydlo, die selbst aus der südpolnischen Provinz stammt. Für eine solche Wirtschaftsförderung sollen in den kommenden vier Jahren umgerechnet 220 Millionen Euro abgestellt werden.

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