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Hand drauf. Donald Trump ergreift die Hand, hält sie fest, tätschelt – und bringt so den japanischen Premier Shinzo Abe in Verlegenheit.
© imago/Kyodo News

Körpersprache und Politik: Die Macht des Handschlags

Die Augen, die Haltung, das Lächeln: Körpersprache sagt mehr als tausend Worte. Das gilt auch in der Politik – und unbedingt beim ersten Handschlag.

Er macht ja doch einiges richtig. Wer? Na, Donald Trump. Wenn auch nur in seiner Körpersprache. Jedenfalls dann, wenn man in Rechnung stellt, dass der Tycoon immer Tycoon sein will. Heißt: Dass er immer der sein will, der dominiert. Allein die Art, wie er die Hand schüttelt!

Sieh her, ich komme ohne Waffen!

Von den alten Griechen bis heute gilt: Die Hand schütteln ist ein Zeichen des Friedens. Sieh her, ich komme ohne Waffen, ich habe nichts in der Hand. Vielleicht darum wollen so viele zeigen, dass sie es – im übertragenen Sinn – doch in der Hand haben. Dabei dauert ein Handschlag üblicherweise nicht lang, wenige Sekunden nur. Kurz und herzhaft. Es sei denn … Es sei denn, dass diese Geste eben etwas ganz anderes aussagen soll. Denn es geht oft nicht nur um den Austausch von Höflichkeit – der erste Handschlag kann entscheiden, alles sagen.

Nehmen wir Trump. Längeres Händeschütteln ist erstens sowieso Freunden vorbehalten; und schütteln, richtig schütteln, soll man sie ja nicht. Das ist plump, unangenehm, ungehörig. Aber Trump hat die Hand des japanischen Premiers so lange geschüttelt, festgehalten, an ihr gezogen, dass der nachher – gegen alle Gepflogenheit und japanische Zurückhaltung – froh war, sie los zu sein. Und damit ihn los zu sein, Trump. Aber der wollte eben zeigen, vor aller Welt, mit wem man es in ihm zu tun hat. Außerdem schien ihm Shinzo Abe sympathisch zu sein, nach ihrer gemeinsamen Runde Golf in Florida. Best buddies, gewissermaßen.

Körpersprache sagt mehr als tausend Worte

Nicht ohne Grund befassen sich Karriereberater mit Körpersprache. Die Augen, die Haltung, das Lächeln, alles das. Weil sie wissen: Körpersprache sagt mehr als tausend Worte. Sie setzt Signale auch dort, wo nichts verraten werden soll. Sie kommuniziert, worüber einer schweigen möchte. Nur 20 Prozent der Kommunikation ist verbal. Der Rest ist – Wirkung.

Wie Trump steht: Auf beiden Beinen, fest, als sei er in seiner Mitte ruhend. So soll es auch wirken: ein Mann mit einem festen Standpunkt. Dazu den Mantel geöffnet, oft die Hände mit den Handflächen sichtbar gehoben: Ja, er hat doch nichts zu verbergen, will er oder will das sagen. Aber auch: ja, seht her, mir kann keiner. Er zeigt damit Macht.

Posen der Macht machen, logischerweise, das Selbstwertgefühl deutlich. Gerhard Schröder beispielsweise posierte als Bundeskanzler nicht, er stand einfach. Wie bei seinem Antrittsbesuch in Polen. Seine Arme: fallen gelassen. Die Hände: ruhig. Der Blick: neugierig. Er wurde angeschaut und schaute zurück. Es gibt Politiker, die blicken bei diesen Gelegenheiten in sich hinein, vielleicht vor Konzentration, vielleicht aus Furcht vor Irritation.

Für eine – positive – Ausstrahlung ist eine aufrechte und gerade Körperhaltung hilfreich. Wer so sitzt oder steht, wirkt gleich ruhiger, selbstbewusster, statusgerechter. Früher nannte man einen solchen Auftritt: eine Erscheinung. Klaus Kinkel, ehedem deutscher Außenminister, konnte sich so halten. Oder der kleinere François Mitterrand, Frankreichs Staatspräsident. Oder der eher kleine Kremlherr Wladimir Putin. Von Helmut Kohl angesichts seiner bloßen Massigkeit und Körpergröße – 193 Zentimeter, einer mehr als Trump – zu schweigen. An ihn kam am ehesten noch der große Russe Boris Jelzin heran.

Merkel und Trump: Spannend, bald begegnen sie einander

US President Donald Trump hält Kanadas Premierminister Justin Trudeau die Hand hin.
US President Donald Trump hält Kanadas Premierminister Justin Trudeau die Hand hin.
© AFP/SAUL LOEB

Trump, nonverbal: Er beugt sich weit vor auf seinem Stuhl, hält die Hand offen hin, Handfläche nach oben, als erwarte er eine Gabe. Er nimmt die Hand seines Gegenübers, hält sie fest, tätschelt sie sogar. Das ist nicht subtil, das ist brachial. Und instrumentell: Die Distanz ist aufgehoben, er geht hinein in die Intimzone seines Gastes. Der muss sich entscheiden, jetzt, ob er das sympathisch oder unsympathisch findet. In einem Moment kann sich daher alles entscheiden, jedenfalls bei Trump. Abes Reaktion: Er hat gelacht, geulkt. Trump war zufrieden.

Wer kann den größeren Duck aushalten?

Oder das Treffen mit Kanadas Premier Justin Trudeau. Ein kaum verhüllter Kräftevergleich, einer unter Männern. Bei genauem Hinsehen. Trump streckt die Hand hin, der Arm fast gerade, im Stehen, die Distanz ist größer, aber diesmal ist es der Gast, der ihm näherkommt. Der Junge und der Alte, Hobbyboxer der Kanadier, ans Befehlen gewöhnt der New Yorker aus Queens. Trudeau, der deutlich größere Hände hat als Trump, fasst zu – und mit seiner linken Hand an Trumps Oberarm. Eine Geste, die auf den ersten Blick Vertrautheit signalisiert. Auf den zweiten Blick: Der Griff, und sei er instinktiv, verschafft Trudeau einen Eindruck von Trumps Kraft. Wer kann den größeren Duck ausüben und aushalten?

Kremlherr Wladimir Putin und Barack Obama
Auf Wirkung bedacht. Der kleine Kremlherr Wladimir Putin bietet Barack Obama die Stirn.
© Ria Novosti/dpa

Trudeau hätte auch freundschaftlich Trumps Unterarm nehmen können – und damit testen, wie straff der ist. Oder mit dem Zeigefinger kurz auf die Pulsader drücken können; als verstecktes, überraschendes Zeichen der Dominanz und Bereitschaft zur Konfrontation. Aber wer redet schon darüber? Um wie viel positiver ist doch der Händedruck unserer beiden Präsidenten. Joachim Gauck, der scheidende, und Frank-Walter Steinmeier, der kommende: Als sie nach Steinmeiers Wahl reden, halten sie einander die Hand, und Gauck legt seine linke in einer brüderlichen, warmherzigen Geste auf die des Nachfolgers. Beide lächeln, die Köpfe zugeneigt, sie schauen dem anderen in die Augen.

Das alles ist deshalb so interessant, weil Trump sich im Grunde ständig in Positur wirft. Und unverkennbar drückt er niemals nur die Hand. Er ergreift sie – und lässt sie in aller Regel nicht so schnell wieder los. Trump ist der Typ, der in jedem Fall den Eindruck hinterlassen will, dass er sich nimmt, was er will, notfalls den ganzen Arm, den ganzen Kerl. Das sagt auch sein Blick. Durchsetzen um jeden Preis.

Merkel schützt sich, ihr Inneres

Die Schultern hochgezogen, die Hände vor dem Bauch verschränkt – wirkt das selbstsicher? Das ist Angela Merkel. Sie wirkt, oft dabei lächelnd, auf diese Weise freundlich verschlossen. Sie schützt sich, ihr Inneres. Vor allen Augen.

Auf der Bühne können große Gesten wirken. Pathos kann sich so zeigen, so ausdrücken. Und das kann im Job, in Verhandlungen das Gegenüber beeindrucken. Andererseits ist nicht immer und überall buchstäblich der Raum dafür. Vor Tausenden: ja. Wie jetzt bei Trump in Florida. Im kleinen Kreis: nein. Für Merkel ist die Öffentlichkeit immer ein kleiner Kreis.

Oder eine Raute. Wenn sie die zeigt, dann zeigt sie Donald Trump die Grenzen auf, ihre Grenzen. Bald begegnen sie einander, beim G-20-Gipfel in Hamburg. Dann treffen zwei Welten aufeinander, zwei in der Struktur sehr unterschiedliche Persönlichkeiten. Merkels Vorteil: Sie hat sich in ihrer eingerichtet. Trump fremdelt. Das gleicht auch kein dominanter Händedruck aus, einer von oben herab. Selbst wenn er mehr als ein paar Sekunden dauert.

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