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David Lidington (56)
© AFP

Britischer Europaminister David Lidington: „Die EU-Institutionen müssen allen dienen“

Der deutsche Finanzminister will, dass die Euro-Länder enger zusammenrücken - und dazu die EU-Verträge ändern. Für Großbritannien ist das nicht akzeptabel.

Finanzminister Wolfgang Schäuble hat Pläne für eine weitere Integration der Euro-Zone vorgestellt. Herr Lidington, würde London eine Änderung der EU-Verträge unterstützen, um den Weg dafür frei zu machen?

Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass die Stabilität der Euro-Zone im Interesse Großbritanniens ist. Wir wollen, dass unsere Partner in der Euro-Zone diese Krise lösen. Wir haben auch gesagt, dass es sinnvoll ist, wenn die Euro-Zone ihre Fiskal- und Wirtschaftspolitik enger verzahnt, um ihre Gemeinschaftswährung zu unterstützen. Es liegt nun an der Euro-Zone, die Details festzulegen. Aus unserer Sicht ist es entscheidend, dass dabei der EU-Binnenmarkt intakt bleibt, der so wichtig für den Wohlstand von uns allen ist. Auch muss gewährleistet sein, dass die EU-Institutionen den Interessen aller Mitgliedstaaten dienen und nicht nur einem ausgewählten Kreis von Ländern. Was nun eine mögliche Änderung der EU-Verträge anbelangt, so muss man sich erst einmal über den Inhalt einigen, bevor man die Diskussion darüber beginnt, auf welchem Weg man diese Ziele erreicht.

Also würden Sie einer EU-Vertragsänderung nicht unbedingt zustimmen?
Ich habe von den Plänen von Herrn Schäuble gehört, aber es liegt kein entsprechender Text auf dem Tisch. Falls es zu einer Diskussion über eine Vertragsänderung kommt, wird Großbritannien sicher eigene Vorschläge vorlegen.

Schäuble schlägt unter anderem ein Eurozonen-Parlament vor. Was halten Sie von der Idee?
Dieser Vorschlag wirft die Frage auf, wie es um die Handlungsfähigkeit des EU-Parlaments als Ganzes bestellt ist. Bevor es zu einer Entscheidung kommt, müssen wir auf den Standpunkt der Europaabgeordneten Rücksicht nehmen. Noch einmal: Wir akzeptieren den Wunsch unserer Partner in der Euro-Zone, einen Weg zu einer engeren Verzahnung zu finden. Dabei muss aber die Integrität von Institutionen gewahrt bleiben, die für die gesamte EU da sind. Das ist sicher im Interesse aller EU-Mitglieder, die nicht zur Euro-Zone gehören.

Schäuble möchte außerdem dem EU-Währungskommissar das Recht geben, sein Veto gegen bereits beschlossene nationale Haushalte einzulegen.
Ich bin mir nicht sicher, ob es im Kreis der 17 Länder der Euro-Zone eine Übereinstimmung gibt, ein solches Durchgriffsrecht für den EU-Währungskommissar einzurichten. Wenn es das ist, was alle unsere Partner in der Euro-Zone wollen, dann wird man sich darüber unterhalten müssen, wie das mit einer Europäischen Union mit 27 und demnächst 28 Mitgliedern zusammenpasst. Zudem wird man darüber reden müssen, wie sich ein solcher Vorschlag mit der vertraglich festgelegten Zuständigkeit der Kommission für alle Mitgliedstaaten verträgt. Eine solche Diskussion braucht Zeit. Und wenn sich ein EU-Konvent oder eine Konferenz der Mitgliedstaaten mit diesen Themen befassen sollte, dann wird auch Großbritannien seine Vorschläge auf den Tisch legen.

Würde Großbritannien eine mögliche Änderung der EU-Verträge für eine Neuverhandlung nutzen, wonach Kompetenzen wieder von Brüssel nach London zurückverlagert werden?
Wir müssen uns erst einmal um die wirtschaftlichen Herausforderungen kümmern: Die gesamte EU muss ihre Wettbewerbsfähigkeit in einer Welt bewahren, in der sich die Gewichte dramatisch Richtung Asien und Lateinamerika verschieben. Dafür braucht es eine Stärkung des Binnenmarktes und mehr Augenmaß bei der Regulierung, die Unternehmen nicht behindern dürfen. Das ist vorrangig. Am Ende kann es möglicherweise zu einer Änderung der europäischen Verträge kommen.

Müssen Sie nicht Angst haben, dass Großbritannien durch einen engeren Zusammenschluss in der Euro-Zone in Europa weiter an den Rand gedrängt wird?
Nein. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, der Währungsunion nicht beizutreten. Dafür ist Großbritannien aber auf sehr vielen anderen Feldern der Europapolitik aktiv dabei: der Weiterentwicklung des Binnenmarktes, der Verbesserung der Handelsbeziehungen mit anderen Weltgegenden oder der europäischen Außenpolitik.

In Brüssel wird Großbritannien allerdings gelegentlich als Bremser wahrgenommen. Jetzt ist auch noch ein Ausstieg aus der gemeinsamen Justiz- und Innenpolitik geplant. Muss sich London nicht doch irgendwann grundsätzlich entscheiden, ob es in der EU bleiben will oder nicht?
Wir hindern niemanden daran, in der EU mehr zusammenzuarbeiten. Bei der Justiz- und Innenpolitik haben wir aber das vertragliche Recht, selbst zu entscheiden, ob wir da mitgehen oder nicht.

David Lidington (56) ist der Europaminister von Großbritannien. Der Konservative gehört dem Unterhaus seit 1992 an. Dort vertritt er den Wahlkreis Aylesbury in der Nähe von London.

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