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Australische Sicherheitskräfte nahmen am Donnerstag mehrere Terrorverdächtige fest.
© AFP

Kampf gegen islamistischen Terror: „Die Dienste wurden überrascht“

Clemens Binninger, Vorsitzender des parlamentarischen Kontrollgremiums für Geheimdienste, über die Bedrohung durch den "Islamischen Staat", die Bedeutung von Anti-Terrordateien und bessere Ausstattung für die Sicherheitsbehörden.

Herr Binninger, zum ersten Mal hat die Terrormiliz „Islamischer Staat“ im Westen Terrorakte vorbereitet, wollte in Australien Menschen köpfen. Welche Lehren muss Deutschland daraus ziehen?
Australien zeigt, wie schnell eine abstrakte Bedrohung real werden kann. Solche Lagen können nur bewältigt werden, wenn Polizei und Verfassungsschutz optimal zusammenarbeiten. Instrumenten wie der Antiterrordatei kommt dabei eine besondere Bedeutung zu.
Hat der Bundesnachrichtendienst das gefährliche Potenzial des IS richtig erkannt?
Alle westlichen Dienste wurden überrascht vom rasanten Aufbau militärischer Macht durch die Terrormiliz, vom Zulauf von in- und ausländischen Kämpfern und von großen Geländegewinnen in kurzer Zeit.

Woran lag das?
Die Dienste müssen sich fragen, ob sie zu sehr auf die Überwachung des Internets und von Telekommunikation und zu wenig auf menschliche Quellen setzen. Im Blick auf künftige Krisen gilt, dass der Schwerpunkt bei der Informationsgewinnung näher bei den Krisenherden liegen muss. Wir brauchen Quellen vor Ort, wir müssen Geheimdienstleute mit Zugängen zu den Akteuren haben. Das könnte verlässlichere und stabilere Vorhersagen liefern.

Clemens Binninger (CDU) ist Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Geheimdienste.
Clemens Binninger (CDU) ist Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die Geheimdienste.
© dpa

Wie gut können deutsche Dienste Terrorhelfer und Kämpfer überwachen, die aus Deutschland in den Krieg ziehen?
Der BND verfügt über einige Instrumente, um aus Deutschland stammende Kämpfer zu überwachen. Angesichts der Vielzahl von derzeitigen Krisen in der Welt gibt es aber keinen Nachrichtendienst, der in der Lage ist, eine ganze Region allein aufzuklären. Deshalb ist die Zusammenarbeit mit anderen Diensten unverzichtbar.
Sicherheitspolitiker fordern angesichts der Vielzahl von Krisen mehr Geld zur Abwehr von Gefahren. Brauchen die Geheimdienste mehr Geld?
Jeder Haushälter wird sich gegen eine solche Forderung erst einmal sperren. Das ist verständlich, entkräftet aber die Forderung noch nicht. Sollten sich diese Krisen innerhalb der nächsten Wochen und Monate nicht beruhigen, und dafür spricht leider viel, werden wir an den Punkt kommen, wo die Sicherheitsbehörden allein durch Prioritätensetzung und organisatorische Umbauten mit Bedrohungen in dieser Dimension nicht mehr fertig werden. Spätestens dann werden wir um mehr Personal und eine bessere Ausstattung der Sicherheitsbehörden nicht herumkommen, auch wenn es Geld kostet.

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