Veto der Wallonie: Die Blockade von Ceta ist undemokratisch
Die Wallonie und Ceta: Solche Blockaden müssen in Zukunft verhindert werden. Sonst wird die Autorität der EU und ihres Parlaments beschädigt. Ein Kommentar.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann sagte neulich etwas Kluges in Sachen Ceta. Der Grüne erinnerte daran, dass die EU-Kommission und damit das Europaparlament zuständig sind für die Handelspolitik. Sinngemäß sagte er, dass andere Parlamente es sich also sehr genau überlegen sollten, ob sie dem EU-Parlament auf dessen ureigenem Kompetenzfeld „Handel“ in die Parade fahren. Wer dies tue und dabei nicht schwerwiegende Argumente mitbringe, der beschädige die Autorität einer zentralen demokratisch gewählten und legitimierten Institution.
Das Spiel, das der Ministerpräsident der Wallonie, Paul Magnette, gerade betreibt, ist von Anmaßung getrieben. Er beansprucht, dass die Volksvertretung des südlichen Belgien das letzte Wort bei Ceta hat. Einem Abkommen, das die Kommission mit dem Mandat der Mitgliedsstaaten für 500 Millionen EU-Bürger ausgehandelt hat. Der 45-jährige Provinzpolitiker ist noch so dreist und erklärt, er würde der EU damit eine Lektion in direkter Demokratie erteilen.
So, als ob alle Kreistage einem Vertrag zustimmen müssen
Dabei müsste Magnette es besser wissen. Er ist Hochschullehrer für Politikwissenschaft und intellektueller Kopf der belgischen Sozialdemokraten. Wer wie er argumentiert, der könnte auch die Legitimität von Beschlüssen eines Regionalparlamentes in Zweifel ziehen und verlangen, dass alle Kreistage zustimmen müssen, bevor ein Vertrag in Kraft tritt.
Rückblickend war es ein Fehler, dass die EU-Kommission den nationalen Parlamenten überhaupt ein Mitspracherecht bei Ceta zugestanden hat. Nun müssen daraus die Konsequenzen gezogen werden. Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg prüft derzeit anhand des Freihandelsabkommens mit Singapur, ob die Parlamente der Mitgliedsländer gehört werden müssen. Experten gehen davon aus, dass die Rechtsauffassung der Kommission gestärkt wird. Sobald eine Entscheidung da ist, muss dafür gesorgt werden, dass sich ein Theater wie mit der Wallonie nicht wiederholen kann.
In Sachen Ceta ist zu vermuten, dass es in den nächsten Tagen doch noch eine Einigung gibt. Dafür spricht: Als am Freitag die Verhandlungen zwischen der kanadischen Regierung und der Wallonie abgebrochen wurden, gab Magnette zu, dass es in der Sache ja kaum mehr Streitpunkte gebe. Man brauche lediglich mehr Zeit. Damit ist klar: Ihm geht es um die große Bühne. Er instrumentalisiert Ceta in der Auseinandersetzung mit dem Chef seiner Partei, den er gerne beerben möchte. Außerdem will er den belgischen Regierungschef Charles Michel vorführen.
Die Geduld der Kanadier ist bereits überstrapaziert
Die Zeit drängt. Eigentlich soll der Ceta-Vertrag am Donnerstag in Brüssel unterschrieben werden. Der kanadische Regierungschef soll eigens dafür nach Europa fliegen. Im Umfeld der Kommission gibt man sich gelassen – Hauptsache, Ceta scheitere nicht komplett. Es dauerte sieben Jahre, bis der Vertrag ausgehandelt war. Kommt es da jetzt auf einige Tage mehr oder weniger auch nicht mehr an?
Eine solche Denkweise ist gefährlich. Auf dem Spiel steht die Glaubwürdigkeit der EU als Verhandlungspartner. Die Geduld der Kanadier ist bereits überstrapaziert. Wenn Brüssel den Termin wegen eines innerbelgischen Problems platzen lassen muss, dann ergibt das ein hässliches Bild. Bei diesem unwürdigen Spiel werden es sich dann alle anderen Länder, mit denen Europa Freihandelsverträge abschließen will, wie Japan oder die USA, gründlich überlegen, ob sie sich darauf noch einlassen wollen.