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Eines der geborstenen Dächer des Atomkraftwerks Fukushima Daiichi. Nach dem totalen Stromausfall sind drei Reaktoren und vier Brennelementebecken außer Kontrolle geraten. Und noch immer gibt es keine geschlossenen Kühlkreisläufe in dem havarierten Kraftwerk.
© dpa

Die Atomkatastrophe von Fukushima: Die Bewältigung wird Jahrzehnte dauern

Auch ein Jahr nach der Kernschmelze in drei Reaktoren des Atomkraftwerks an der ostjapanischen Küste ist noch nicht ganz geklärt, was genau passiert ist. Aber die ersten Zwischenberichte liegen inzwischen vor.

Frühestens in 25 Jahren könnte die Krise im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi beendet werden. Bis dahin will der Betreiber Tepco den Rückbau der Anlagen bewältigt haben. Mindestens zehn Jahre wird es noch dauern, bis die Reaktorkerne geborgen werden können. Und erst dann wird klar sein, was sich genau in den vier zerstörten Reaktoren abgespielt hat.

Das Erdbeben zerstörte die Stromversorgung von außen. Der Tsunami gab dann den Notstromsystemen und der Notkühlung den Rest.

Ziemlich sicher dürfte sein, dass eine vollständige Kernschmelze im Reaktor 1 stattgefunden hat. In den Reaktoren 2 und 3 hat zumindest eine Teilschmelze, mit hoher Wahrscheinlichkeit aber ebenfalls eine vollständige Kernschmelze stattgefunden. Die Brennelemente sind mangels Kühlung geschmolzen und auf den Reaktorboden getropft. Ob sie den Reaktordruckbehälter in einem oder mehreren Fällen durchbrochen haben, ist unklar. Während des Schmelzprozesses ist Wasserstoff entstanden, und in keinem der drei Reaktoren gelang es, den dadurch entstandenen Druck komplett aus dem Gebäude abzuführen. Stattdessen sammelte sich Wasserstoff in den Reaktorgebäuden und explodierte, als er mit Sauerstoff in Berührung kam. Die Dächer der Gebäude des Reaktors 1 und 3 sowie 4 wurden so zerfetzt. Wie sich die Explosion im Reaktorgebäude 4 genau ereignet hat, ist nach wie vor unklar. Vermutet wird, dass der Wasserstoff aus dem Reaktor 3 über einen gemeinsamen Schornstein ins Gebäude gedrückt worden sein könnte.

Über Wochen haben die Tepco-Arbeiter darum gekämpft, wieder eine kontinuierliche Kühlung der Reaktoren und Brennelementebecken herzustellen. Bis heute gibt es keinen regulären Kühlkreislauf, sondern relativ stabile improvisierte Lösungen für die Kühlung. Zunächst wurde mit Meerwasser, seit Ende März 2011 wieder mit Frischwasser gekühlt. Große Mengen dieses kontaminierten Wassers haben sich in den Kellern der Reaktorgebäude gesammelt. Ein beträchtlicher Teil ist in den Pazifik geflossen und teilweise auch geleitet worden. Für die Aufräumarbeiten müssen zum Teil ganz neue Technologien entwickelt werden. Besonders heikel wird die Entladung der Brennelementebecken, weil dort noch immer Trümmerteile liegen, die schwer zu bergen sind.

Die Strahlenwerte des Meerwassers sind inzwischen nur noch unmittelbar in der Nähe der Anlage erhöht. Doch das radioaktive Cäsium-137 ist auf den Meeresboden abgesunken und stellt für die Meereslebewesen weiterhin ein Risiko dar. Deshalb hat Tepco angekündigt, eine Fläche von 70 000 Quadratmetern Meeresboden vor Fukushima Daiichi mit einem Ton-Beton-Gemisch in einer Stärke von etwa 60 Zentimetern abdichten zu wollen. Tepco erwartet, dass die Abschirmung rund 50 Jahre hält. Danach wären etwa zwei Drittel des Cäsiums zerfallen. Welche Wirkung die Radioaktivität im Meer entfalten wird, ist ziemlich unklar. Es gibt kaum Forschungen darüber.

Nachdem am 12. März zunächst das Gebiet in einem Umkreis von einem, dann drei und schließlich zehn Kilometern evakuiert worden war, wurde bis zum Abend des gleichen Tages ein Gebiet mit einem 20-Kilometer-Radius geräumt. Monate später sind weitere stark verstrahlte Gebiete in einem Radius von 30 Kilometern um die Anlagen teilweise oder ganz aufgegeben worden. Viele Einwohner dieser Region leben nach wie vor in Lagern. Die Regierung hat zu Beginn von einer Dekontaminierung der rund 13 000 Quadratkilometer gesprochen. Deshalb hoffen viele, sie könnten doch noch zurückkehren. Doch das Gebiet wird über Jahrzehnte unbewohnbar sein. Derzeit gelingt es den Behörden noch nicht einmal, Lagerplätze oder Deponien für leicht verstrahlte Trümmerteile zu finden.

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