zum Hauptinhalt
Die USA gehen gegen Huawei vor. Was heißt das für Europa?
© REUTERS

Netzwerkausbau: Die abstrakte Angst vor Huawei

Der Vorwurf, die Firma sei dem chinesischen Staat Untertan, führt in die Irre. Auch andere Staaten verlangen von Firmen Kooperation. Darunter die USA. Ein Gastbeitrag.

Es ist eine Formulierung, die symbolisch für die Kampagne gegen den chinesischen Netzwerkausrüster steht: „Es mehren sich die Verdachtsmomente, dass Huawei ein Sicherheitsrisiko darstellen könnte.“ Für Empörung sorgte die Ankündigung Huaweis, sich am Aufbau der 5G-Netze in Deutschland beteiligen zu wollen. Und das, obwohl der Konzern als einziger Anbieter eine vollständig lieferbare und vergleichsweise günstige Lösung anbietet.

Allein das Vorgehen der USA gegen Huawei soll dabei ausreichen, um auch hierzulande einen Ausschluss zu erreichen. Und das ist ein perfides Prinzip: Denn die „Ankläger“ bleiben jeden Beweis schuldig, während Huawei sich selbst schwer tut, seine Unschuld zu beweisen.

Bereits 2015 hatten die USA den Einsatz von Huawei-Komponenten in „Government Networks“ verboten – wohlgemerkt nicht in privaten Netzen. Während immer mehr Länder diesem Vorbild folgen und Huawei vom Aufbau von 5G-Netzen ausschließen, ist mittlerweile klar: Bis heute wurden keine Schwachstellen nachgewiesen, welche einen Ausschluss überhaupt rechtfertigen würden.

Vielmehr handelt es sich um eine abstrakte Angst vor einem Einfluss des chinesischen Staates. Es sind Überwachungs- und Kontrollfantasien, die lediglich aus den chinesischen Überwachungsgesetzen hergeleitet sind. Im Kern steht dabei der Vorwurf, dass eine Kooperation von Unternehmen und Geheimdiensten in China gesetzlich verankert sei und für westliche Länder ein Risiko darstellen könnte.

Blickt man jedoch auf die Liste der Länder mit einer solchen Kooperationsvorschrift, finden wir alle Treiber des Ausschlusses wieder: USA, Großbritannien, Neuseeland und Australien. In allen Ländern gibt es entsprechende Vorschriften und – anders als im Fall von Huawei – auch Belege dafür, dass diese in der Vergangenheit ausgenutzt worden sind, um Geräte einheimischer Hersteller zu kompromittieren.

Auch andere Teile der Welt kennen ähnliche Vorschriften: Russland, Indien, ja selbst Teile der EU. Kein Überwachungsgesetz, das etwas auf sich hält, kommt ohne eine derartige Vorschrift zur Kooperation aus. Es genügt ein Blick in die Snowden- Dokumente, um zu verstehen: Diese abstrakte Angst folgt der Annahme, dass China im Falle eines Falles ähnliche Forderungen an eigene Unternehmen stellen wird.

Chinesische Firmen ausschließen? Das ist Wunschdenken

Bereits 2015 kursierte in IT-Sicherheitskreisen das Gerücht, die USA hätten Huawei als Anbieter bei der Programmierung von Betriebssoftware alleine aus dem Grund ausgeschlossen, weil dieser die Malware der NSA nicht unbemerkt bei den Betreibern platzieren könne.

Doch bis heute bleibt Huawei das einzige Unternehmen, das die benötigten Softwarekomponenten auf die Anforderungen des Kunden und – sofern gewünscht – unter dessen Kontrolle zusammenstellt und bereit ist, seine Software kritischen Sicherheitsüberprüfungen zu unterziehen. Dabei konnten bis heute trotz aufwändiger Tests diverser Betreiber keine Sicherheitslücken, Backdoors oder ähnliche Schwachstellen gefunden werden, welche eine konkrete Bedrohung sein könnten.

Vergleicht man das auf diese Weise erreichte Sicherheitsniveau mit den Angeboten der Konkurrenz, wird es schwer, Anforderungen zu definieren, welche nicht sofort juristisch angreifbar sind. Ich beneide das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik nicht darum, ohne Hinweise auf Fehlverhalten Regeln gegen Huawei zu entwickeln. Zumal formale Neutralitätsgesichtspunkte als auch EU-Recht eingehalten werden müssen, ohne andere Zulieferer auszuschließen.

Ein zweiter Blick auf die Technik und Patentlage moderner Netzwerktechnologien zeigt: Ein vollständiger Ausschluss chinesischer Technologien ist Wunschdenken und in der Praxis nicht umsetzbar.

Ich plädiere dafür, sich auf Fakten zu beschränken. Wir dürfen unsere Regeln für einen Technologieeinsatz in den meist transnationalen Netzwerken nicht an Behauptungen orientieren, die lediglich Teilen des Sicherheitsapparates entspringen oder auf einer haltlosen politischen Debatte fußen. Es gilt: Im Zweifel wird für den Angeklagten entschieden.

- Der Autor ist Vorstand beim Verband der Internetwirtschaft Eco

Klaus Landefeld

Zur Startseite