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DGB-Chef Reiner Hoffmann erwartet von Kanzlerin Merkel eine bessere Erklärung ihrer Flüchtlingspolitik.
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Update

Machtkampf in der Union: DGB-Chef: CSU darf Deutschland nicht in Neuwahlen treiben

Machtkampf in der Union: DGB-Chef Hoffmann warnt die CSU davor, das Land in Neuwahlen zu treiben – und fordert Angela Merkel auf, ihre Politik besser zu erklären.

Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Reiner Hoffmann, hat Innenminister Horst Seehofer (CSU) davor gewarnt, die Zurückweisung bestimmter Flüchtlinge an der Grenze gegen den Willen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Alleingang durchzusetzen. „Seehofer und seine CSU würden das Land auf diese Weise mutwillig in Neuwahlen treiben. Das wäre in höchstem Maße unverantwortlich“, sagte der DGB-Chef dem Tagesspiegel.

Hoffmann warf der CSU vor, ihren Kurs in der Asylpolitik allein aus wahltaktischen Gründen zu verschärfen: „Weil Seehofer und Co. den Verlust der absoluten Mehrheit bei der Bayern-Wahl fürchten, betreiben sie das Geschäft der Antieuropäer vom Schlage eines Viktor Orban, anstatt eine europäische Lösung zumindest zu versuchen.“

Zugleich appellierte Hoffmann an Merkel, ihre Flüchtlingspolitik in einer Regierungserklärung „so darzulegen, dass die Menschen sie auch verstehen“.  In der Bevölkerung gebe es die Sorge, dass der Zuzug von Flüchtlingen zu einem Verlust an Sicherheit führe. „Dem muss Frau Merkel entgegentreten.“

Kanzlerin Merkel ließ im Unionsstreit am Samstag kein Abweichen von ihrer Position und damit Zugehen auf die CSU erkennen. In ihrer wöchentlichen Videobotschaft beharrte sie auf einer europäischen Lösung und blieb damit weiter auf Konfliktkurs zu ihrem Innenminister Seehofer. Dieser pocht darauf, Flüchtlinge - quasi im nationalen Alleingang - an der Grenze zurückzuweisen, wenn sie bereits in einem anderen EU-Staat registriert wurden. Merkel betonte in ihrem Podcast, das Thema Migration sei „eine Herausforderung, die auch eine europäische Antwort braucht. Und ich halte dieses Thema für eines der entscheidenden für den Zusammenhalt Europas.“

Die CSU-Führung will nicht mehr auf eine europäische Lösung warten, nachdem es Merkel seit Beginn der europäischen Flüchtlingskrise 2015 nicht gelungen ist, eine umfassende Einigung mit den EU-Partnern zu erzielen. Merkel setzt nun auf den EU-Gipfel am 28. und 29. Juni.

Der früherer Außenminister Sigmar Gabriel warf CDU und CSU vor, „unglaublich verantwortungslos“ zu handeln. „Sie verhalten sich wie Oppositionsparteien, obwohl sie die Verantwortung für die Regierung tragen - etwas, was man bislang nur von der SPD kannte“, schrieb er in einem Beitrag im Tagesspiegel und warnte: „Wer jetzt eine Regierungskrise in Deutschland herbeiführt, wird Europa zum Beben bringen.“

Schwere Vorwürfe von Elmar Brok       

Auch der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok warf der CSU vor, die große Koalition in Berlin mit dem Asylstreit "aus wahltaktischen Gründen aufs Spiel zu setzen". Dem Tagesspiegel sagte der langjährige Merkel-Vertraute: "Die CSU beharrt deshalb auf der Zurückweisung von Flüchtlingen an der Grenze, weil sie sich davon einen Sieg bei der Landtagswahl in Bayern verspricht. Dieses Kalkül wird aber nicht aufgehen, sondern nur der rechtspopulistischen AfD weiteren Auftrieb verschaffen."

Die Lösung für eine gesteuerte Flüchtlingspolitik liege in Europa fügte Brok hinzu. Die EU habe bereits vieles erreicht. So sei die Zahl der Flüchtlinge aus dem mittleren Osten seit dem Jahr 2015 um 90 Prozent zurückgegangen. "Nun müssen wir mit aller Kraft an weiteren europäischen Maßnahmen arbeiten. Die Vorbereitungen dafür sind schon weit gediehen", sagte er. Innenminister Horst Seehofer müsse sich deshalb persönlich in Brüssel verstärkt im Rat der Innenminister der EU einbringen.

Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth ging scharf mit den Plänen von Seehofer ins Gericht, bestimmte Flüchtlinge an der Grenze zurückzuweisen. Ein "schneller Blick in die Eurodac-Datenbank an der Grenze" genüge nach europäischem Recht nicht, um Flüchtlinge abzuweisen, sagte Roth dem "Tagesspiegel".

Stattdessen "sei eine  ordentliche Prüfung durch die zuständigen Instanzen" erforderlich. Sie halte Seehofers Konzept deshalb "für grundlegend rechtswidrig". Seehofer will Migranten an der Grenze direkt zurückzuweisen lassen, die schon in einem anderen EU-Land Asyl beantragt haben. (Tsp mit dpa)

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