Bolsonaro im Streit mit der Bundesregierung: Deutschland wieder aufforsten, ist das nötig?
Obwohl der Amazonas-Regenwald so wichtig für das Weltklima ist, will Brasiliens Präsident weiter abholzen. Er unterstützt die Agrarlobby. Ein Faktencheck.
Im Konflikt um die starke Zunahme der Abholzung des Amazonas-Regenwalds hat Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro Kanzlerin Angela Merkel empfohlen, das Geld daheim zu verwenden. „Ich möchte der lieben Frau Angela Merkel, die 80 Millionen US-Dollar für Amazonien eingefroren hat, eine Nachricht hinterlassen: Schnapp Dir das Geld und forste Deutschland wieder auf, ok? Das ist da viel nötiger als hier.“ Stimmt das?
Fakt Nummer 1: Nicht Merkel, sondern Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat im Tagesspiegel angekündigt, Fördermittel ihres Hauses für Umwelt- und Klimaschutzprojekte auf Eis zu legen.
Fakt Nummer 2: Dabei geht es um ein Volumen von 35 Millionen Euro – nicht um 80 Millionen Dollar.
Fakt Nummer 3: In Deutschland sind der Forstwirtschaft zufolge rund 11,4 Millionen Hektar mit Wald bedeckt, knapp ein Drittel der Fläche Deutschlands – trotz Unwettern und Bränden hat die Fläche seit dem Zweiten Weltkrieg fast kontinuierlich zugenommen, anders als in Brasilien. Um mehr CO2 zu speichern, pocht Agrarministerin Julia Klöckner auf eine deutliche Ausweitung der Aufforstung und umfangreiche Finanzmittel dafür.
Fakt Nummer 4: Nötig hat Deutschland das Geld schon. In Brasilien wird es aber viel dringender benötigt, prozentual ist deutlich mehr Waldfläche verschwunden als aufgeforstet wurde – seit 1970 eine Fläche, die mehr als der doppelten Größe Deutschlands entspricht.
Fakt Nummer 5: Der Amazonas-Regenwald besitzt weitaus größere Bedeutung als der deutsche Wald, weil er ein Kippelement für das Weltklima ist. Er gilt wegen der Aufnahme von Kohlendioxid und der Regulierung des Klimas als „grüne Lunge der Welt“. Forscher warnen vor erheblichen Konsequenzen für die Erderwärmung und Dürren, wenn die Entwaldung in Brasilien nicht rasch gestoppt wird.
Fakt Nummer 6: Bolsonaro wird von der Agrarlobby unterstützt, die in der Region auf neue Flächen für den Sojaanbau und die Tierzucht setzt. Der vom Förderstopp noch nicht betroffene AmazonasFonds, in den vor allem Norwegen und Deutschland einzahlen, hat seit Jahresbeginn keine neuen Schutzprojekte starten können, da es einen Streit mit der Regierung gibt, die sich nicht hereinreden lassen will. Somit hat der Fonds derzeit ohnehin kaum positive Effekte.
Die Grünen und Linken fordern bereits einen Importstopp für Soja und Fleisch von Amazonasflächen oder ein Aussetzen des geplanten EU-Freihandelsabkommens mit dem südamerikanischen Mercosur-Bund. Denn mithilfe des Abkommens will Brasilien mehr Agrarprodukte nach Europa exportieren, was die Regenwaldabholzung weiter beschleunigen könnte.